Banana Pi BPI-M6: Test des Android Tablet Images

Den brandneuen Banana Pi BPI-M6 habe ich ja schon in diesem Artikel vorgestellt und bin auf dessen Hardware-Features Im Vergleich mit denen des Raspberry Pi 5 eingegangen.

Danach habe ich die Android Tablet Firmware ins eMMC hochgeladen und damit den Banana Pi überhaupt erst praktisch brauchbar gemacht. Das war anfangs ein bisschen holprig, aber dazu im Artikel mehr.

Mit einem anderen PC ging dann alles reibungslos und ich war ich erfolgreich und das Android Image bootete und gab etwas auf dem Monitor aus.


In diesem Artikel nun soll es darum gehen, das Android Tablet zu testen. Herauszufinden, was man damit so alles anstellen kann, wie sich der Banana Pi BPI-M6 geschwindigkeitsmäßig dabei schlägt und wie heiß er wird.

Damit bei der Temperaturmessung die Ausgangsbasis klar wird: ich verwende auf dem VS680 SoC einen Aluminium-Kühlkörper mit 14 x 14 mm, der mit ein wenig MX4-Wärmeleitpaste darauf hält. Die Umgebungstemperatur (wichtig zur Berechnung des Temperatur-Deltas) beträgt ca. 23 °C.

Die Banana Pi Org hat mir aber mitgeteilt, dass ein großer Kühlkörper, der über die ganze Unterseite des M6-Boards gehen wird, in Entwicklung ist.

Nach dem Booten

Das Booten des Android-Tablet-Images dauert ca. 30 Sekunden, dann ist der Homescreen geladen. Dabei irritiert ein wenig die Lade-Animation, die "android tv" anzeigt. Es handelt sich hier aber nicht um ein Android TV-Image, sondern um ein Android-Tablet-Image, was am Ende des Ladevorgangs durch die Einblendung von "Tablet is starting..." klar wird. Der Bootvorgang endet mit Anzeige des Homescreens:



Der gibt sich sehr aufgeräumt, oder anders ausgedrückt: viel kann man hier (noch) nicht machen.

Ganz oben ist die Statusleiste (Uhrzeit, Tasks) und unten die Navigations-Buttons (Dreieck für zurück, Kreis für Home und Quadrat für laufende Anwendungen). Dieser Navigationsbereich ist übrigens immer eingeblendet und kann scheinbar nicht ausgeblendet werden, was sehr schade ist, wenn man zum Beispiel Videos in Fullscreen sehen möchte. Diese sind dann immer verkleinert, weil sich die Navigations-Buttons einfach nicht ausblenden lassen. Das Entwickler-Team bei Banana Pi arbeitet aber daran, das zu verbessern.

Oben gibt es eine Google-Suchleiste, daneben einen Button mit einem Icon einer Person. Hier sind die Kontakte zu finden, eine Anwendung, die ich nicht brauche. Und unten in der Mitte gibt es ein Icon Gallery, mit dem man Fotos, aber auch Videos anschauen kann.

Hardware-Erkennung und Anwendungen


Die Erkennung von Hardware geht weitgehendst automatisch. Ich stöpsel das 2.4 GHz-Empfangs-Dongle meiner Mini-Tastatur mit Touchpad ein und schalte die batteriebetriebene Funk-Tastatur an.

Diese wird sofort erkennt und kann nach ein paar Sekunden benutzt werden. Beim Benutzen des Touchpads wird ein Mauszeiger ober die Oberfläche bewegt und nach Anklicken der Google-Suche sehe ich, dass auch die Tastatur tadellos funktioniert.

Als nächstes versuche ich einen WLAN-USB-Dongle mit einem MTK 7601 Chipsatz. In der Hoffnung, dass da eventuell etwas aufpoppt, um SSID und Passwort abzufragen. Doch Fehlanzeige, es tut sich nichts dergleichen.

Also versuche ich es mit einer direkten LAN-Verbindung und verbinde den BananaPi über LAN-Kabel mit meinem Router. Die Oberfläche ändert sich nicht groß, aber im Hintergrund hat sich der Banana Pi wohl eine dynamische IP geholt und mit dem Internet verbunden.

Web-Browser


Das bestätigt sich, als ich etwas in die Google-Suchleiste eingebe. Dann geht nämlich ein leistungsfähiger Browser auf. Ich wette darauf, dass hier eine Version des Chromium-Browsers werkelt. Denn dieser Browser steht einem modernen Desktop-Browser wie Firefox, Chrome oder Edge in nichts nach. Er beherrscht soweit ich das sehe, Javascript, CSS und den ganzen anderen Kram.

Und die Seiten sehen genauso aus wie bei den "großen" Browsern. Und bauen sich auch schneller auf, als das ich gucken kann. Die Titelleiste gibt die Anwendung als "WebView Browser Tester 91.0.4472.114" aus.

Nur halt mit dem Unterschied, dass auf dem Banana Pi jede Menge Platz verloren geht. Es wird immer oben die Android-Status-Leiste (oben schwarz), die Browser-Titel und URL-Leiste und unten der Navigationsbereich (schwarz) eingeblendet. So bleiben nur noch 660 Pixel zur Anzeige des Web-Inhaltes in der Höhe übrig. Oder anders ausgedrückt: 40% der nutzbaren Fläche geht für das Drumherum drauf. Das ist ein wenig schade, denn eigentlich handelt es sich hier um einen schnellen und vollständigen Browser.


Als ich eine meiner eigenen Seiten besuchen und dort auf ein eingebettetes Youtube-Video klicke, wird auch das anstandslos gestartet und wiedergegeben. Sogar in vollen Breite. Dafür aber oben und unten abgeschnitten, eben wegen den unausblendbaren GUI-Elementen.

Ein Doppelklick bringt das Video dann auch in Full Screen, bzw. das, was Full Screen bei diesem Browser bedeutet: Wieder wird extrem oben und unten beschnitten und für das eigentlich Video bleiben nur noch 650 Pixel (statt der eigentlichen 1080) in der Höhe übrig. Die Breite wird entsprechend angepasst und das Video erscheint damit doch sehr klein.

Ein Blick nebenher auf die Temperaturen


Nebenher habe ich übrigens immer einen Blick auf die Temperaturen des Kühlkörpers auf dem VS680 SoC gehabt.

Dabei habe ich mit einem einfachen Thermometer, dass die Oberfläche des Kühlkörpers berührte gemessen. Diese Messmethode dürfte nicht die genaueste sein, aber ein Grad hoch oder runter ist hierbei auch nicht so wichtig.

Die Temperatur auf dem Die selbst ist natürlich noch ein bisschen höher. Nach meinen Erfahrungen so etwa 20 °C. Außerdem sagt meine Erfahrung, dass man CPUs nicht über 100 °C betreiben sollte, was ca. 80 °C am Kühlkörper ausmacht. Mein Thermometer sollte also nicht mehr als 80 °C anzeigen, denn sonst könnte die CPU Schaden nehmen bzw. was ich eher vermute und was eigentlich bei allen modernen CPUs der Fall ist, wird sich diese selbst heruntertakten, damit die Temperatur intern unter 100 °C bleibt. Das bremst dann aber dann die Leistung aus, alles wird langsamer.


Darum muss man immer an eine adäquate Kühllösung denken. Ganz ohne Kühlkörper würde ich den Banana Pi BPI-M6 nicht unter Last nehmen. Und wenn der Kühlkörper zu heiß wird, dann muss ein größerer her oder er muss aktiv, also mit einem Lüfter geühlt werden.

Am Homescreen hatte ich ca. 800 mA Stromverbrauch und damit einhergehend eine Temperatur von ca. 50 bis 60°C. Beim Lesen und Scrollen durch die Seite pendelte sie Stromaufnahme immer so zwischen 800 und 1000 mA, entsprechend 4 bis 5 Watt.

Beim dauerhaften Ansehen eines Youtube-Videos in Full HD blieb der Verbrauch allerdings auf 1 Ampere und die Temperatur kletterte stetig, bis sie sich bei 70 °C einpendelte. Das war mir persönlich schon zu wenig Sicherheitsabstand und ich pustete den Kühlkörper mit einem kleinen Lüfter zusätzlich an. Das brachte dann auch immens etwas und drückte die Temperatur des Kühlkörpers auf gesunde 37 °C.


Wer sich über die vier schwarzen Kreise auf den Fotos wundert: Das sind Standfüße, die ich mir aus meinem 3D-Drucker gelassen habe, damit ich den Banana Pi darauf stellen kann und dann nicht der Kühlkörper aufliegt. Der hängt so ein wenig in der Luft und der Kühlkörper bleibt an Ort und Stelle.

Denn wenn man ihn berührt, würde er sich verschieben, schließich hält er nur mit ein wenig Wärmeleitpaste.

Gallery

Den Webbrowser kann man also auch zum Anschauen von Web-Pages und Youtube-Videos benutzen, auch wenn der Inhalt ein wenig in der Höhe beschnitten ist.

Aber es geht auch anders: Video-Dateien, die man lokal vorliegen hat, etwas als .MP4-Files, kann man auf einen USB-Stick kopieren und dann in den Banana Pi einstecken. Der USB-Stick wurde sofort erkannt, und das obowhl er NTFS-formatiert ist. Das ist eigentlich ein Windows-Filesystem und Android basiert ja auf Linux.


Danach startet man die Gallery. Die verarbeitet Bilder und Video, aber zum Beispiel keine MP3-Files. Aber auch nicht alle Video-Formate, das betagte .AVI mag er z. B. nicht, .MP4 mag er.

Die Bilder kann man einzeln anschauen, indem man sie anklickt oder aber man startet eine Slideshow. Auch hier wieder: die Navigationsbuttons am unteren Rand bleiben.

Videos starten ebenfalls durch Doppelklick. Dann hat man die Auswahl zwischen dem Gallery Player und einer externen App namens "Video Player". Wobei ich festgestellt habe, dass der Gallery-Player endlich in Full Screen ohne störende Navigationsleiste wiedergeben kann.

Der Gallery-Player hat allerdings auch einen Wermutstropfen: er ist ein wenig zimperlich bei den Formaten: Mein H.264-kodiertes MP4 mochte er nicht so sehr, denn alle paar Sekunden friert das Bild für ein paar Sekunden ein. Ich schätze, dass liegt an irgendwelchen Index-Frames, die nicht ganz sauber kodiert sind. Eine aus der Mediathek heruntergelandenen Dokumentation ließ sich in Full HD und ohne Freezes zwischendrin anschauen.

Das ist doch ein echter erster Anwendungszweck für den Banana Pi BPI-M6: Full-Screen Wiedergabe seiner MP4-Filme auf einem Fernseher zum Beispiel. Der Stromhunger hält sich mit etwa einem bis 1.2 Ampere (macht 5 bis 6 Watt) in Grenzen.

Der alternative Video Player ist nicht so zimperlich mit dem Format und schluckt auch das MP4-Format, das mein HD Capture Gerät generiert und spielt es flüssig ab. Allerdings hier wieder verkleinert, weil sich die Navigationsleiste mal wieder unerwünschterweise breit macht.

Temperaturen Tabelle

Hier eine Übersicht von Stromaufnahme und damit verknüpfter Temperatur während meiner Tests:

Vorgang / Status / AnwendungStromaufnahmeTemperatur mit 14x14 mm Kühlkörper
Idle ohne Image300 mA (1.5 W)30-40 °C
Android Homescreen idle800 mA (4 W)max. 59 °C
Browsen im Internet800 ... 1000 mA (4 ... 5 W)50...60 °C
Wiedergabe HD-Video im Browser1000 mA (5 W)max. 70 °C, mit aktiver Kühlung max. 37 °C

Der Stromverbrauch ist mit 5 bis 6 Watt nicht hoch, eine Kühlung würde ich aber empfehlen; wie gesagt, hat die Banana Pi Org hier schon etwas in Entwicklung. Und sicher gibt es bald auch schicke Gehäuse von Drittanbietern. Im Moment ist der BPI-M6 noch so neu und noch nicht so breit im Markt eingeführt, dass das einfach noch ein wenig dauern wird.

Fazit über das Image

Natürlich wird es in naher Zukunft weitere Images und wohl auch ein Update dieses Images geben, damit der Banana Pi seine volle Power ausspielen kann. Ich hatte bei den Test eher den Eindruck, dass der M6 unterfordert ist. Und von seiner Stärke bei KI-Anwendungen durfte er noch gar nichts zeigen.

Leider war mit diesem Image auch noch kein Benchmark möglich, weil einfach an keine Linux-Console heranzukommen war und eigene Applikation gestartet werden können. Aber das wird sicher bald der Fall sein und dann werde ich auch einen Performance-Vergleich mit dem Raspberry Pi 5 machen.

Videos

Für einen ersten Überblick über den Banana Pi BPI-M6 schaut euch mein Mailbag / Unboxing Video an:


Hier nun ein neues Video, in dem ich das Android Tablet Image ausprobiere und zusätzlich kommentiere:


Und hier noch ein kleines Extra-Video über die Gallery und seine Funktionen und die Wiedergabe von Videos:


Weitere Aussichten

Inzwischen ist endlich ein Linux (Ubuntu)-Image für den Banana Pi M6 herausgekommen. Diesmal nicht für eMMC, sondern für SD-Karte. Und leider gestaltet es sich ganz so einfach, das Ubuntu-Image von SD-Karte zu booten, doch lest selbst in meinem nächsten Artikel.

Quellen, Literaturverweise und weiterführende Links