Meine erste Wetterballon Sondenjagd

Weblog vom 2022-07-25: Meine erste Wetterballon Sondenjagd
Kategorie:Sondenjagd
Stichworte:Sondenjagd, Geocaching, Wetterballon, RS41, Funk, GPS, 433 Mhz, 400 Mhz, Ballon, Absturzstelle, Fund


Sondenjagd - was ist denn das?

Es sind jetzt mittlerweile schon über 14 Jahre, die ich Geocaching betreibe. Da geht es ja um die Suche von wasserdichten Behältern im Wald, die man anhand von veröffentlichten GPS-Koordinaten finden kann. Mehr dazu unter dem vorstehenden Link.

Beim Recherchieren zu dem Thema und ein wenig über-den-Tellerrand schauen bin ich auf etwas gestoßen, mit dem unsere Amateurfunk-Freunde angefangen haben und das ähnlich ist... Und das geht so:

Die Wetterdienste, aber auch die Bundeswehr und andere Dienste lassen regelmäßig Wetterballons aufsteigen - von den verschiedenen Standorten meist eins oder zwei pro Tag. Wetterballons, das sind mit Helium (manchmal auch aus Kostengründen mit entflammbarem Wasserstoff) gefüllte große Latex-Hüllen, die solange aufsteigen, bis sie in großer Höhe, so um die 30.000 Meter zerplatzen. Je höher der Ballon steigt, desto niedriger ist der Luftdruck und desto größer wird er - bis er ihn großer Höhe nicht mehr standhalten kann. Nach dem Zerplatzen fällt der Ballon zu Boden, es öffnet sich ein Fallschirm und der Ballon geht irgendwo wieder runter.

Aber der Ballon ansich ist ja gar nicht das Interessante - das wäre auch eine ziemlich nutzlose Angelegenheit. Nein, wichtig ist das kleine Gerät, das in einem wärmeisolierenden (weit oben wird es ganz schön frostig) und leichten (je weniger Gewicht die Nutzlast hat, desto kleiner kann der Ballon sein) Gehäuse, meist aus Schaumstoff (wie Styropor®). Das Gerät ist ein kleiner Mikrocontroller, der Sensoren an Board hat und gleichzeitig ein kleines Funkgerät ist.

Die Radiosonde (am Beispiel der RS41)

Eine aktuelle Radiosonde, die derzeit sehr häufig im Einsatz ist, ist zum Beispiel die RS41 von Vaisala 1. Diese wurde 2013 in Brüssel vorgestellt und wird seit 2017 vom Deutschen Wetterdienst und der Bundeswehr im Testbetrieb, seit 2018 im Regelbetrieb eingesetzt. Der Deutscher Wetterdienst (DWD) lässt in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr von elf Standorten in Deutschland pro Tag mindestens zwei Sonden aufsteigen: eine um 0:00 UTC und eine um 12:00 UTC. An den vier Standorten Bergen (Niedersachsen), Lindenberg (Brandenburg), Kümmersbruck (Bayern) und Idar-Oberstein (Rheinland-Pfalz) sogar vier Mal pro Tag (0:00, 6:00, 12:00, 18:00, alle UTC) 2.

Da ich mich ja auch sehr für Mikrocontroller und Sensoren interessiere, würde ich eine solche Sonde gerne einmal finden, um sie näher zu untersuchen und um zu schauen, wie die so aufgebaut ist und welcher Mikrocontroller darauf verbaut ist. Eventuell kann man daraus ja noch etwas Nützliches basteln.

Denn normalerweise ist die Lebenszeit einer Sonde abgelaufen, wenn sie herunter gekommen ist. Früher gab es noch ein kleines Geld für die Rückgabe, mittlerweile lassen sich die Geräte aber so günstig produzieren, dass der Finder die Sonde gerne behalten kann und sie nicht zurück verlangt wird. Im Gegenteil: man sollte dem Finder danken, dass er Latex-Hülle, Schnüre und Elektronik aus dem Wald entfernt und damit Tier und Natur schützt, bevor sich ein Vogel oder eine Fledermaus in den Schnüren oder der Hülle verfängt.

Nur für besondere Sonden mit wertvollem Zusatzequipment wie einem Ozonsensor erhält man doch noch etwas für die Rückgabe: eine Ozonsonde ist dem DWD dezeit 30 Euro wert 2.

Was kann die RS41 denn so?

Für Elektronik-Enthusiasten wie mich ist natürlich interessant, was die RS41 so kann und welche Sensoren sie an Board hat. Da ich selbst leider noch keine ergattern konnte - ich war ja noch nie auf Sondenjagd - kann ich nur spekulieren bzw. das Datenblatt konsultieren:
Damit kann die RS41 messen, wo sie sich im Moment befindet (GPS-Koordinaten und GPS-Höhe) und damit, mit welcher Geschwindigkeit sie sich in welche Richtung bewegt. Da der Wetterballon frei schwebt, entspricht das der Windrichtung/-gschwindigkeit. Hinzu kommt Temperatur und Luftfeuchtigkeit vom Sensor. Der Luftdruck wird anhand der GPS-Höhe berechnet.

Diese erhobenen Wetterdaten werden dann zum Boden gefunkt und können dort aufgezeichnet und ausgewertet werden. Mit mehreren Wettersonden lässt sich so ein schönes Bild von Luftströmungen, Temperaturen und Luftfeuchten erstellen, die einen Überblick über das Wetter für die Gegenden gibt, in denen die Sonden unterwegs waren. Auch kann man daraus eine Wettervorhersage ableiten.

Vorhersage, wo die Sonde herunterkommt

Eine andere Art von Vorhersage, die den Sondenjäger, also denjenigen, der versucht, eine Sonde als erster zu finden, mehr interessiert, ist die, wo die Sonde herunterkommt.

Die Sonde hat ja die ganze Zeit zur Erde gefunkt, wo sie ist und in welche Richtung sie sich bewegt. Die Sonde S1520697, die ich verfolgt habe und die bei mir in der Nähe (etwas über 20 km Fahrt einfach) heruntergekommen ist, hat das auch gemacht:

EmpfangsstationSondennr.Datum/Zeit (UTC)Koordinaten(dez. lat/lon)Kurs in GradGeschwindigkeit in km/hHöhe in mBeschreibung
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:32:1949.4101,10.751419457Clb=-1.6m/s t=29.0C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:32:1549.4099,10.751326464Clb=-2.7m/s t=28.0C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:32:1149.4097,10.75135728478Clb=-4.0m/s t=28.1C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:32:0749.4094,10.751134924491Clb=-2.9m/s t=27.9C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:32:0349.4091,10.751135022503Clb=-2.7m/s t=27.6C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:31:5949.4089,10.751235322515Clb=-3.1m/s t=27.4C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:31:5549.4087,10.751235324529Clb=-3.1m/s t=27.4C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:31:5149.4085,10.751335026543Clb=-3.0m/s t=27.2C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:31:4249.4079,10.751534028569Clb=-3.3m/s p=952.9hPa t=26.6C h=40.4% 404.500MHz Type=RS41-SGP TxOff=6h34m rdzTTGOsonde
DO1JKS-15S152069725.07.2022 08:31:3849.4076,10.751832224589Clb=-3.1m/s t=26.4C 404.499 MHz Type=RS41-SGP Radiosonde
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:31:2149.4069,10.752632926639Clb=-3.5m/s p=945.3hPa t=25.9C h=42.0% 404.500MHz Type=RS41-SGP TxOff=6h34m rdzTTGOsonde
(Datenquelle: radiosonde.info)


Dies sind nur die Punkte der letzten zwei Minuten des Sondenflugs. Alle Punkte zusammengefügt und in eine Karte eingefügt sieht dann so aus:



Die Sonde ist also in Stuttgart gestartet und westlich meiner Heimat-Koordinaten (Männchen-Symbol) herunter gekommen.

Die Website radiosondy.info

Nun gibt es dankenswerterweise das Projekt Radiosonde Tracker unter radiosondy.info des Polen Michal Lewinski (Rufzeichen SQ6KXY), bei dem sich viele Funkamateure zusammengeschlossen haben, um die Sondendaten zu empfangen, mit zu protokollieren und im Internet zu veröffentlichen.

Auf der Hauptseite von radiosondy.info kann man sehen, welche Sonden gerade unterwegs sind und die empfangenen Daten zu ihnen abfragen. Und man kann sich einen Account einrichten und per e-mail benachrichten lassen, wenn eine Sonde in der eigenen Nähe herunterkommen wird (Vorhersage) bzw. heruntergekommen ist. Für die Vorhersage werden aktuelle Windrichtung - und Geschwindigkeit hergenommen, um den wahrscheinlichen Landeort zu schätzen.

Ich bekomme mittlerweile nur noch Benachrichtungs-emails für echte Landungen in der Nähe. Vielen der vorhergesagten Landungen waren schlussendlich dann doch woanders heruntergekommen und mir zu weit weg.

Heute morgen um 10:35 bekam ich eine e-mail, dass eine Sonde in meiner Nähe heruntergekommen sei:



Das war nicht weit weg und ist die näheste Sonde, die ich bisher hatte. Also gleich mal die weiteren Details zu der Sonde von radiosonde.info abgerufen:



Das die finale Position 49.4101, 10.751 ist, konnte ich auch bei den Details der letzten Positionssendungen einsehen. Das ist laut OSM-Karte



bei Unterschlauersbach, von mir aus hinter Ammerndorf im Wald. Ungefähr 20 km einfache Fahrt.

Das war eigentlich die Gelegenheit: Die Sonde war so nah wie nie zuvor. Sie kam erst vor einer halben Stunde runter - 08:32Z heißt 08:32 Zulu-Time oder 08:32 UTC, also 10:32 MESZ (gleich Ortszeit). Ich habe schon häufig erlebt, wie ich mich zur Sondensuche aufmachen wollte, die schon ein paar Stunden lag und dann im letzten Moment las, dass sie schon von jemand anders geborgen wurde. Das scheint mittlerweile genauso schlimm zu sein wie die FTF-Jagd beim Geocaching: wenn man nicht schnell genug ist, dass war jemand anders schneller. Beim Geocaching bleibt einem der STF oder wenigstens noch ein Fund, bei der Sondenjagd geht man komplett leer aus.

Darum ist auch ganz wichtig, sich als Sonden-Jäger einen Account auf radiosonde.info einzurichten und dort gleich zu loggen, wenn man eine Sonde gefunden und geborgen hat. Damit sich noch andere vergebens auf den Weg machen. Das dauert wirklich nicht lange und gehört zur Fairness. Niemand möchte gerne umsonst ausrücken.

Es waren 36° für heute angesagt - ein heißer Tag. Eigentlich wollte ich heute zuhause bleiben und Anstrengungen vermeiden, mein Corona war auch noch nicht zu 100% überstanden, obwohl ich da schon mehr als drei Wochen drunter leide. Trotzdem war die Neugier und der Ruf des Abenteuers dann stärker - außerdem waren es im Moment noch angenehme 25° draußen und es würde ja nicht ewig dauern.

Ausrücken zur Sondenjagd!

Ich wusste, wo die Sonde heruntergekommen ist. Das gab ich gleich einmal in mein Garmin Oregon 600 ein, mein treuer Begleiter beim Geocaching. Außerdem einen Parkplatz in der Nähe herausgesucht, um von dort aus zu Fuß zu starten.

ECGA (Erweiterte Geocacher-Grundausrüstung) war bereits im Auto. Eine 8m-Angel bzw. ja eigentlich Stipprute mit Haken dran. Der Ballon oder Fallschirm wird sich wahrscheinlich in einem Baum verfangen und das meist in ein paar Metern Höhe. So neun bis zehn Meter sollte ich damit heraufkommen, um gegebenenfalls die Sonde herunterziehen zu können. Normalerweise hängt die an einer langen Schnur und sollte sich daran bis zum Boden abwickeln, aber das ist natürlich nicht garantiert.

Eine Teleskopleiter hätte ich auch noch im Auto, Schnur und Wurfsack kann sicher auch nicht schaden, falls die Angel nicht reicht. Idealerweise wäre natürlich T5-Kletterausrüstung mit Seil, Big Shot und dem ganzen Gedöns - aber zur T5-Kletterei konnte ich mich nie so richtig überwinden, war mir immer irgendwie zu anstrengend, zu hoch und zu teuer. Darum habe ich mir nie die nötige Ausrüstung zugelegt.

Spezial-Ausrüstung


Und was nicht fehlen darf - wenn man es hat so wie ich, ist ein besonderes Stück Hardware - ein TTGO ESP32 443 MHz Mikrocontroller mit der Firmware MySondyGo.

Den hatte ich mir eigentlich für das Funken mit LoRa-WAN zugelegt, aber damals dummerweise nicht auf die richtige Frequenz geachtet und eine 443 MHz statt einer 868 MHz Version bekommen. Das kommt mir jetzt zu Gute, denn für den TTGO ESP32 mit 443 MHz gibt es eine Firmware namens MySondyGo, die man aufspielen kann und die man mit einer Smartphone-App fernbedient.

Das der TTGO 443 und nicht 400 Mhz macht, ist nicht so schlimm, das ist noch nah genug dran. Nachdem man nämlich per Smartphone die richtige Zielfrequenz - für meine Sonde 404.50 MHz - eingestellt hat, horcht das TTGO auf dieser Frequenz. Die Sonde sollte auch nach der Landung noch ein paar Stunden weiter die GPS-Koordinaten, an der sie gerade ist, senden.

Wenn die Sonde zwischen den Bäumen hängt, natürlich nicht mehr so weit, aber weit genug, wenn man in der Nähe ist. Früher ist man hier mit selbstgebastelten Antennen herumgelaufen und hat damit in alle Richtungen geschwenkt, um zu sehen, aus welcher Richtung das Signal kam. Heute ist das mit MySondyGo einfacher. Das Teil dekodiert das Sonden-Signal und zeigt direkt die Koordinaten an.

Auf ins Feld


Nach einer guten halben Stunde Fahrt war ich dann am Waldrand bei Unterschlauersbach, es waren noch ca. 100 Meter bis zur Sonde, zumindestens, wenn ich von den zuletzt von der Sonde gesendeten Koordinaten 49.4101, 10.751 ausging. Diese Koordinaten sind übrigens im Dezimalformat, und nicht im Geocaching-üblichen Format "Grad/Minuten". Aber das kann man einfach mit dem Tool zur Koordinaten-Umrechnung auf GPS-Cache.de umrechnen.

Als erstes habe ich natürlich Smartphone und TTGO-ESP32 ausgepackt, um die genauen und aktuellsten Daten der Sonde zu empfangen.

Die Frequenz und weitere Sondendaten hatte ich mir über meinen China-Thermodrucker auf Bonrolle ausgedruckt, um sie in handlichem Format dabei zuhaben. Die Auswahl der RS41, die Frequenzeinstellung auf 404.5 MHz und die Bluetooth-Verbindung zwischen Smartphone-App und TTGO-ESP32 funktioniert einwandfrei, aber trotzdem kann ich keine Daten der Sonde empfangen, die Koordinaten bleiben auf 0.00000.


Vielleicht muss ich für den Empfang ja näher ran? Also das Auto stehen lassen und am Maisfeld lang...


Es ist mittlerweile kurz nach 12 Uhr mittags und doch schon ganz schön warm geworden. Ich gehe oben am Maisfeld solange lang, bis ich der Sonde am nächsten bin. Währenddessen schaue ich abwechselnd auf mein Garmin, wie nah ich denn schon bin, auf mein TTGO, ob ich etwas von der Sonde empfange oder die Empfangs-Balken hochgehen, auf den Weg, um nicht zu stolpern und in die Bäume und auf den Boden darunter, um vielleicht etwas von Fallschirm, Ballon oder Sonde auszumachen.

Da sind alle Sinne und Konzentration gefordert.


An der Stelle, wo es nur noch 40 Meter zur Sonde runter sind, habe ich auch keinen Empfang auf 404.5 MHz. Sind denn schon die Batterien der Sonde leer? Ich bin doch jetzt echt nah dran. Oder war doch jemand anders schneller als ich? Oder wurde die Sonde nachträglich noch abgetrieben? Ich sollte doch eigentlich die Sonde empfangen können. Vielleicht ist auch irgendwas mit dem TTGO oder der Firmware nicht in Ordnung? Aber die Empfangs-Balken bewegen sind schon zwischen 3 und 5 Balken, was für normalen Empfang spricht...

Hier komm ich die 40 Meter auf jeden Fall nicht runter. Es geht steil abwärts durch dichtes Gestrüpp. Logo liegt die Sonde nicht wie ein Geocache am Weg, die kommt irgendwo runter, und zwar von oben. Ohne Rücksicht darauf, ob der Sondenjäger jetzt einen bequemen Weg hat oder nicht.


Hier kann ich mich auf jeden Fall nicht durch das Dickicht schlagen. Also geht es wieder zurück Richtung Auto. Ich entdecken einen Weg, den wohl Mountain-Biker hier gebaut haben und folge ihm, bis ich nur noch 8 Meter von der Sonde entfernt sein soll. Jetzt müsste ich sie auf jeden Fall sehen. Und ich müsste auf jeden Fall Empfang haben.


Aber nichts da, es werden immer noch keine Koordinaten angezeigt.



Ich beschließe, nicht mehr so oft auf das TTGO zu schauen, mit dem Empfang wird das wohl nichts mehr. Das ist das dumme am ersten Ausflug, der ersten Sonden-Jagd, da weiß ich noch nicht, ob das Equipment nicht funktioniert oder ein anderer Sonden-Sucher schneller war.

Ich will mehr auf die Baumwipfel und auf den Boden schauen. Bei einer Sonde müssten ja irgendwo auffällige Ballonreste oder der Fallschirm in den Bäumen hängen. Ich gucke mir die Gegend und die Bäume genau an, dann achte ich wieder darauf, wo ich lang gehe, um dann wieder stehen zu bleiben und mich umzuschauen. Ich werde in nächster Nähe zu den Koordinaten einfach nicht fündig und folge den Pfaden. Quer durchs Unterholz vermeide ich erst einmal.



Es geht hoch und runter, wo es denn so halbwegs lang geht. Ich hüpfe über einen Bach, gehe eine Anhöhe rauf und lasse wieder den Blick schweifen - nichts. Dann gehe ich den Hügelrücken lang - von hier oben hat man eigentlich eine gute Aussicht auf die oberen Baumteile. Und die Fichten wachsen hier ganz schön hoch, bestimmt so um die 20 Meter. Ich gehe hin und her, kreuz und quer, unter Bäumen lang, über Stock und Stein, an Brennesseln vorbei...

Doch ich werde einfach nicht fündig. Weder bekomme ich ein Signal, noch kann ich etwas Auffälliges ausmachen. Ich begebe mich langsam wieder in Richtung Koordinaten. Ich habe nun ein ziemlich großes Gebiet abgegrast. Ohne Erfolg.

Die rote Linie auf meinem GPSR, wo ich schon alles war, ist mittlerweile ziemlich lang geworden. Alles vergebens. Langsam wird es auch ziemlich heiß.

Es ist kurz vor 13 Uhr, als ich wieder am Auto angekommen bin. Die Außentemperatur ist derweil auf 36 °C hinauf geklettert. Erst einmal einen Schluck Wasser. Das war eine ziemlich anstrengende Stunde und leider erfolglos.

Die Fragen die offen bleiben sind: Funktioniert meine TTGO-Hardware überhaupt richtig? War jemand schneller als ich? Oder gab ich hier gar keine Sonde?


Die erste Frage wird sich erst klären, wenn ich wirklich mal eine Sonde empfange. Die beiden anderen werden sich klären, indem ich Sonde S1520697 im Auge behalte, ob die jemand loggt.

Zum Zeitpunkt, als ich diesen Artikel schreibe, um 17 Uhr am späten Nachmittag steht der Status noch auf "UNBEKANNT". Sprich: noch niemand anders hat die Sonde gefunden. Zumindest hat noch niemand seinen Fund geloggt. Und dass die Mitsucher so fair sind, das zu loggen, darauf vertraue ich einfach mal.

Ich werde die Sonde auf jeden Fall weiter beobachten, will ich doch wissen, ob es jemand anders schafft, die Sonde zu finden - oder vor mir da war.

Ansonsten kann ich wohl nur sagen: "Mehr Glück beim nächsten Mal". Vielleicht kommt ja bald wieder eine Sonde in meiner Nähe herunter.

Und ganz umsonst war der Ausflug dann doch nicht. Den Geocache Papa Hippo (GC8AMF9), der nicht weit entfernt war und den ich noch nicht hatte, konnte ich dann finden.

Das Thema Sondensuche ist für mich auf jeden Fall noch nicht vom Tisch. Irgendwann werde ich schon eine Sonde ergattern und dann näher untersuchen können.

Nachtrag 2022-07-26

Ein Twitter-Follower hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Abfrage der Sondenflugbahn auch über den Deutschen Wetterdienst direkt möglich ist.

Für die Sonde, die am 25.07.2022 um 06:00 UTC aus Stuttgart (10739) gestartet ist, zeigt sich aber eine andere Absturzstelle als bei radiosondy.info:



Hier liegen die Koordinaten des letzte Empfangspunkt bei 49.39163,10.72588 und damit zwischen Kelmünz und Lentersdorf bei Dietenhofen und damit fast 3 km auseinander:



Wie kann das sein? Die Lösung ist ganz einfach, schauen wir uns jeweils die letzten empfangenen Koordinaten an:

radiosondy.info:

EmpfangsstationSondennr.Datum/Zeit (UTC)Koordinaten(dez. lat/lon)Kurs in GradGeschwindigkeit in km/hHöhe in mBeschreibung
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:32:1949.4101,10.751419457Clb=-1.6m/s t=29.0C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info
DH1JH-14S152069725.07.2022 08:32:1549.4099,10.751326464Clb=-2.7m/s t=28.0C 404.50MHz Type=RS41-SGP Details zu http://radiosondy.info


Deutscher Wetterdienst:

EmpfangsstationSondennr.Datum/Zeit (UTC)Koordinaten(dez. lat/lon)Kurs in GradGeschwindigkeit in km/hHöhe in mBeschreibung
DWD-25.07.2022 08:20:27 UTC49.39163,10.72588--2033.45-
DWD-25.07.2022 08:20:26 UTC49.39161,10.72581--2035.64-

Wie man sieht, endet der Empfang des DWD bereits um 8:20 UTC, während DH1JH-14 von radiosondy.de noch bis 08:32, also 12 Minuten länger empfängt. Man erkennt auch an der Höhe, dass die Sonde noch nicht am Boden angekommen ist. Beim DWD ist die Sonde noch stolze 2 km über NN in der Luft, bei radiosondy.info immerhin noch 457 Meter.

Man sieht also, dass die Daten von radiosondy.info brauchbarer sind. Das liegt wahrscheinlich daran, das DWD und Bundeswehr nicht so ein enges Netz von Empfangsstationen haben wie die Funkamateure bei radiosondy.info. Das Equipment wird bei DWD/BW sicher besser und teurer sein und damit empfangsstärker, das schlägt aber nicht die lokale Nähe der einzelnen Empfangsstationen bei radiosondy.info.

Die lokale Höhe bei 49.4101,10.751 ist übrigens 385 Meter, das heißt die Sonde war laut letzter Daten von radiosondy.info noch rund 70 Meter über dem Erdboden. So hoch sind die Bäume in der Zielgegend nun auch wieder nicht.

Aber selbst laut radiosondy.info war die Sonde noch beim letzten Empfang mit 20 km/h (gleich ca. 5 m/s) unterwegs. Vielleicht hätte ich noch ein wenig rechnen sollen: Der Kurs war ziemlich genau Norden. Die Sonde kommt mit einer vertikalen Geschwindigkeit von ca. 10 m/s runter. Sie ist ca. 70 Meter über dem Boden, also bewegt sie sich noch ca. 7 Sekunden mit 5 m/s nach Norden - es sei, ein hoher Baum ist im Weg. Die Baumgrenze liegt bei ca. 385 + 20m = 405 m.

Daraus ergibt sich etwa folgender weiterer Weg, den ich nicht berücksichtigt habe:

ZeitpunktPositionHöhe über NNHöhe über Grund
25.07.2022 08:32:1949.4101,10.75145772
25.07.2022 08:32:2049.4101448063516,10.751004815514644762
25.07.2022 08:32:2149.4101896126515,10.75100963101943752
25.07.2022 08:32:2249.4102344189515,10.751014446523442742
25.07.2022 08:32:2349.4102792252516,10.751019262027841732
25.07.2022 08:32:2449.4103240315515,10.751024077532240722
25.07.2022 08:32:2549.4103688378516,10.751028893036639712


In die Satellitenkarte von Google Earth eingezeichnet, sieht der weitere Verlauf so aus:



Die Sonde müsste sich also am Waldrand in den hohen Bäumen verfangen haben (12 m über Grund) oder am Feldrand vor dem Maisfeld niedergegangen sein (0 m über Grund). Da hätte ich förmlich drauf treten müssen. Die Bäume am Waldrand habe ich mir natürlich besonders genau angeschaut. Es ist mir ein Rätsel, warum ich keinen Wetterballon gesehen habe. Aber ich hatte ja auch keinen Empfang über mein TTGO.

Die Auflösung

Ob wohl doch jemand anders schneller war? Ich schaue noch einmal auf radiosondy.info nach, ob inzwischen ein Finder geloggt hat. Und tatsächlich:

Start Ort Typ AUX Frequenz Status Geborgen von Landepunkt BeschreibungÄnderungen durchgeführt von
Stuttgart (DE)RS41NEIN404.50 MHzGEBORGEN9040949.4113, 10.7506Landung auf Stoppelfeld.90409 - 2022-07-25 18:14:12z

Gestern am frühen Abend war der Eintrag noch nicht vorhanden. Er muss also gestern später abends oder heute gemacht worden sein. Laut Log war es gestern Abend um 20:14 MESZ. Wenn ich davon ausgehe, dass mein TTGO nicht defekt ist, dann war der Finder schon vor mir da.

Der wahre Fundort war laut Finder also etwa 100 Meter weit nord-nordwestlich. Da habe ich jetzt zwar nicht gesucht, aber das hätte mir bei der Anfahrt schon auffallen können, wäre die Sonde noch da gewesen.



Schön, dass der Finder mit Fund-Koordinaten geloggt hat. Daraus kann ich lernen, dass die letzten Daten von radiosondy.info zwar besser als die vom DWD sind, aber nicht unbedingt der Fundstelle entsprechen, auch nicht unbedingt der weiter errechneten. Die Sonde muss langsamer abgestiegen sein und es noch über das Maisfeld im Norder geschafft haben. Gerade, wenn die Sonde auf "glattem Boden" herunterkommt, spielt natürlich der Wind noch ein wenig mit ihr und die Position ändert sich noch nachträglich.

Ich werde einmal versuchen, den Finder zu kontaktieren, wann genau er vor Ort war und die Sonde gefunden hat. War er erst nach 12 Uhr mittags da, dann wäre die Sonde bei mir noch da gewesen und ich kann davon ausgehen, dass mit meinem TTGO etwas nicht stimmt.

Mit der Kontaktaufnahme zu 90409 wird es wohl nicht so einfach. radiosondy.info hat leider keine Funktionalität, um zu anderen Benutzer Kontakt aufzunehmen. Aber 90409 scheint dort ziemlich prominent zu sein. Er steht derzeit mit 17 gefundenen Sonden auf Platz 2 des Sondensucher Rankings und kommt aus Nürberg. 90409 wird wohl seine Postleitzahl sein und sein Wohnort damit irgendwo zwischen Maxfeld und Schoppershof in Nähe der Stadtparks.

Vielleicht weiß ja jemand, wer hinter 90409 steckt, kennt ihn und kann ihm sagen, er soll sich mal bei mir melden; ich wüsste gerne, wann genau er die Sonde S1520697 vor Ort geborgen hat.

Quellen, Literaturverweise und weiterführende Links

1. Das Wettersonden-Modul RS41 bei radiosonde.eu
2. Artikel "Radiosonden: Von (Daten-) Jägern zu Gejagten" beim DWD
3. Abfrage von Sondenflugbahnen beim DWD

Website radiosondy.info