Haende weg vom Computer
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Eine heiter - ironische Pflegeanleitung fuer Ihren Liebling
Der Startschuss wird zum Rohrkrepierer
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Angenommen, Ihr Computer hat nach endlosem Hin und Her die
richtige Versorgungsspannung bekommen, und er hat auch die
anfaengliche Ueberlastung mit 220 V (statt der 110 V, fuer
die er werksseitig eingestellt war) stillschweigend ge-
schluckt. Sollte er bis zu diesem Zeitpunkt drei-, bis vier-
mal aus Tischhoehe hart auf den Boden aufgeschlagen sein, so
bewegt sich auch das durchaus noch im ueblichen Rahmen. Dies
ist keineswegs der Grund fuer irgendwelche Mucken, die Ihr
Liebling jetzt zeigt. Und bei irgendeinem Mangel sind Sie
denkbar schlecht beraten, die Vertriebsfirma anzurufen und
kleinlaut zu gestehen: "Er ist mir neulich ein paarmal run-
tergefallen - kann es davon kommen?" Jeder Vertriebsmann
greift eine solche Suggestivfrage natuerlich dankbar auf und
haut Sie erbarmungslos in die Pfanne: "Na klar kommt das da-
von; am besten bestellen Sie gleich einen neuen!"
In Wirklichkeit gibt es aber zu diesem Zeitpunkt nicht den
geringsten Anlass, die Flinte ins Korn zu werfen. Gehen Sie
lieber mit ruhiger Ueberlegung an die Sache heran; Im Grunde
genommen kann ja gar nicht viel kaputt sein. Und einer der
probaten Wege (der allerdings weder vom Computer noch vom
Verkaeufer gern gesehen wird) besteht darin, die verplombte
Verschraubung aufzukratzen und das Gehaeuse zu oeffnen.Dieses
Vorhaben beginnt man am besten mit dem festen Vorsatz, im Ge-
raet selbst nur mal nachzusehen, ohne irgendwelche frevelden
Eingriffe vorzunehmen.
Wenn sich dabei irgendeine Schraube im Verborgenen gegen die
Gehaeuseoeffnung sperrt, hilft eine kleine Brechstange wei-
ter, mit der man bekanntlich Baerenkraefte entwickeln kann.
Sollte dabei die eine oder andere Ecke der Computer-Behausung
abbrechen, sollten Sie sich davon nicht irretieren lassen,
denn fuer die elektrische Funktion ist dies hoechst bedeu-
tungslos. Aus zwei Gruenden haben Sie sowohl eine rechtliche,
als auch eine moralische Befugnis fuer eine derartige Inspek-
tion: Ersten ist es IHR Geraet, das Sie gekauft und bezahlt
haben (wenn auch auf Abstottern); und zweitens staerkt ein
solcher Kontakt das Zusammengehoerigkeitsgefuehl zwischen
Ihnen und dem Mops kolossal, und mindestens darauf sollten
Sie beim Garantie-Geplaenkel hinweisen.
Der direkte Weg
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Wenn Sie bis in die Tiefen des vor Ihnen liegenden, geoeffne-
ten Computers vorgedrungen sind, koennen Sie eigentlich nicht
mehr sehr viel richtig machen. Fuer die eigentliche Inspek-
tion gibt es dann prinzipiell drei verschiedene Arten, und
Sie haben selbstverstaendlich die freie Wahl, wie Sie sich in
dieser Situation entscheiden wollen. Die primitivste Methode
ist die des Dilettanten; der nimmt sich einen vorzugsweise
plumpen Schraubendreher (manche bevorzugen sogar einen Sieb-
zehner- Schluessel) und klopft damit da einzelnen ICs ab. Er
macht sich dabei gar nicht klar, dass er nach lose in den
Fassungen sitzenden ICs suchte oder kalte Loetstellen aufspu-
eren koennte; der Dilettant haut vielmehr wahllos drein und
hofft, aehnlich dem Lotto- Tipper, auf den grossen Zufall. An
sich ist das in beiden Faellen gar nicht so verkehrt, nur
kommt meistens der Zufall einem erst dann zu Hilfe, wenn man
laengst gestorben ist.
Und so endet eine solche "Fehlersuche" meist damit, dass
irgendein IC oder gar die Leiterplatte beleidigt entzwei
geht; flugs greift man zum laengst vorgeheitzten Loeteisen
(Dachpfannen- Loetkolben, versteht sich) und braet den Scha-
den wieder zusammen; sollte beim unvermeidliche Reklamations-
gespraech mit dem Verkaeufer die Sprache auf diesen angeblich
unsachgemaessen Eingriff kommen, stellt sich diese Gruppe von
Mikrocomputer- Enthusiasten so, wie sie ist, naehmlich ganz
einfach doof. Und da soll der Verkaeufer doch erstmal das
Gegenteil beweisen (das Gegenteil von unsachgemaessen Gefum-
mel). Mit dem noetigen dicken Fell bekommt man sein derart
unbrauchbar gewordenes Geraet auch umgetauscht, was zumindest
den Vorteil hat, es beim zweiten Anlauf besser zu machen.
Natuerlich tut man als Dilettant gut daran, jede weitere
Reklamation bei einer andern Niederlassung einzureichen. Ganz
doof sind die Haendler nun auch wieder nicht, und den dritten
verbratenen Computer innerhalb einer Woche nimmt Ihnen nicht
einmal der Blindenhund der Computer- Schrott- Zentrale ab.
Aber hierbei entwickelt man schnell das gewisse Mass an Fin-
gerspitzengefuehl, das einem bei der eigentlichen Fehlbehand-
lung gefehlt hat.
Ferndiagnose
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Alternativ hierzu koennen Sie sich natuerlich der Gruppe der
ganz Schlauen anschliessen. Die oeffnen ihren Mops zwar noch
mehr oder weniger (meistens letzteres) fachgerecht, fassen
aber nichts an. Das geschieht nur weniger aus Ehrfurcht als
vielmehr aus blanker Angst, sie koennten einen gewischt krie-
gen.
Aber mit den Worten sind diese Klugscheisser ganz dick bei der
Sache, was sie in endlosen Fachgespraechen am Telefon doku-
mentieren: "In meinem Geraet sind zwei Fassungen voellig
leer, kein Wunder, dass es nicht geht!" Oder: "Hier fehlen
doch mit Sicherheit ein paar Bruecken, es ist hoechstens die
Haelfte der vorgesehenen bestueckt!" Manche wollen es ganz
genau wissen und reklamieren energisch, dass das IC 249 auf
dem Schaltplan links oben, auf der Platine aber mitten drin
zu finden ist.
Un nach diesem Schema kommen noch weitere Argumente, angefan-
gen von einer um 1,5 mV zu niedrigen Versorgungsspannung
ueber einen Druckfehler auf dem IC ("Taywan" statt "Taiwan")
bis hin zu ICs, die "falsch rum drin sind", weil die Be-
schriftung, von der Geraete-Vorderseite aus betrachtet auf
dem Kopf steht.
An sich sind dies liebe Zeitgenossen, die durch ihre sach-
und fachkundigen Kommentare belegen, dass sie zu Recht zu den
Spezialisten Ihrer Sparte gezaehlt werden. Aeusserlich sind
sie daran zu erkennen, dass sie lauthals verkuenden: "Da habe
ich dem Verkaeufer erst mal auf die Spruenge geholfen; der
hat doch gar nicht gemerkt, dass im Schaltplan ein Komma-
fehler war!" Und wenn jemand auf so einfache Art geholfen wer-
den kann, sind meist beide Seiten zufrieden, der Handel auf
der einen und der Spezialkunde auf der anderen. .
Wenn der Geist sprueht
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Viel schwieriger gestaltet sich der Umgang mit den selbster-
nannten Spezialisten, die erst einen muerrischen Blick auf
den Schaltplan werfen und dann triumphierend verkuenden: "Das
werden wir gleich haben!" Dieser Siegesschrei ergeht in Rich-
tung weiblicher Haushaltsvorstand, weil von dort schliesslich
erkleckliche Mittel fuer die Anschaffung des sturen Computers
bewilligt worden sind. Und man ist nun im Zugzwang, denn man
muss ja zumindest beweisen, dass man das Ding anwerfen kann.
Wenn es danach infolge von Untauglichkeit wieder weggeworfen
werden muss, wird das bei niemanden Erstaunen hervorrufen.
Also geht der Spezi zuerst einmal daran, die Gatterfunktionen
zu optimieren, schliesslich hat er doch fuenf Monate lang
Karnaugh- Veitch- Diagramme studiert und versteht etwas von
seinem Fach. Die freien Gatter in einem IC werden mit anderen
verknuepft, die Bahnen umgelegt und ueberfluessiges ausgeloe-
tet. Nach dem Motto: Die direkte Verdrahtung verkuerzt die
Laufzeit der Signale, was noch niemand geschadet hat. Erst
wenn sich nach intensivem Optimieren noch kein nachhaltiger
Erfolg eingestellt hat und aus der Kuechentuer oefter als ge-
woehnlich ein dumm fragendes Gesicht herausschaut, beginnt
die Re- Optimierungsphase, bei der ein dem urspruenglichen
Zustand aehnlicher Rueckzustand hergestellt wird.
Wenn dabei hin und wieder ein IC (unter Spannung) verkehrt
herum eingesetzt wird, und es dies wuetend mit gellender Hit-
ze quittiert, ist auch dies kein Grund zur Besorgnis. Seien
Sie getrost, so ein Ding ist ein wahres Wunderwerk, das weit
mehr aushaelt, als es der Hersteller in seiner bescheidenen
Untertreibung spezifiziert hat!Sollte der Reparateur anlaess-
lich der Garantie-Reklamation mit Ausdruecken wie "total ver-
braten" oder "Russ auf der Platine", dann fragen Sie mit Un-
schuldsmiene zurueck, ob er noch nie was von ICs gehoert hat,
die bereits beim Einloeten kaputt waren.
Wie sag'ich's dem Verkaeufer
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Gleichgueltig, zu welcher der genannten Gruppen man sich hin-
gezogen fuehlt, wird man nicht umhin kommen, seinen unwilli-
gen Mops einzupacken und zum Verkaeufer zu traben. Man tut
gut daran, sich ein paar Argumente und Redewendungen zurecht-
zulegen, denn die sind mit allen Wassern gewaschen, diese
Spezis. Die erste Frage beim Betreten des Ladens sollte die
nach einem Fachmann sein; es geht naemlich die Maer, dass
sich in der Computer- Branche mehr gescheiterte Existenzen
aus der Damen- Oberbekleidung tummeln als irgend wo anders,
und diese Neu- Facchleute filtert man eben durch gezieltes
Fragen von denen heraus, die als alte Hasen schon sechs Wo-
chen und laenger Computer verkaufen.
Auf Ihre anfaenglich ruhig vorgetragene Reklamation, das Ding
"gehe nicht", erhalten Sie meist die Antwort: "Den haben Sie
ja gar nicht bei uns gekauft!" Damit sollen Sie abgewimmelt
werden, verstehen Sie? Aber da muessen Sie ganz cool
(Fachausdruck fuer "kaltkoepfig") bleiben und auf Ihrem Recht
beharren. Dann kontert Ihr Gegenueber auf folgende, linke
Tour: "Da sind ja NeckPROMs drin, und wir setzen nur Mischi-
bischi- Typen ein!" Es durchzuckt Sie heiss, weil Sie beim
Rueckruesten offenbar in die falsche Kiste gegriffen haben,
aber denoch geben Sie schlagfertig zurueck: "Kann ich doch
nichts fuer, wenn Ihr in Eurem Laden so schlampert seid!" Ein
Anheben der Tonlage und eine leichte Drohgebaerde erleichtern
es Ihnen, Ihr Anliegen durchzusetzen, denn man will um keinen
Preis Aufsehen im Laden haben, weil das Geschaeft sowieso
nicht besonders geht.
Zufrieden lassen Sie Ihren Liebling im Laden stehen, die
(muendliche) Beteuerung des gesamten Personals noch im Ohr,
man werde sich um schnellste Instandsetzung bemuehen. Wer
derlei Gerede kritiklos hinnimmt, ist letzlich selber Schuld;
denn oft ist solches Bemuehen genauso effektvoll als wenn im
fernen China ein Reissack umfaellt; Man hat eben nicht viel
davon.
Und "schnellstens" ist in diesem Zusammenhang so zu verste-
hen, dass es (eventuell) am Ende der Woche fertig ist; ge-
meint ist aber nicht die laufende Woche, sondern irgenddeine
Woche des Monats, und wenn es das Unglueck will, dann liegt
ausgerechnet dieser Monat in einem Schaltjahr - aber all` das
weiss zu diesem Zeitpunkt der Reparaturannahme noch keine
Menschenseele, und wenn es eine wuesste so wuerde sie schwei-
gen!
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