Nachricht im Schwarzen Brett der Future Project BBS

BetreffUsererstellt am
Was mache ich, wenn mein Computer defektSYSOP               17.05.1992 22:37


                      Haende weg vom Computer
                 **********************************
     Eine heiter - ironische Pflegeanleitung fuer Ihren Liebling

               Der Startschuss wird zum Rohrkrepierer
               ======================================

    Angenommen,  Ihr  Computer hat nach  endlosem Hin und Her die
    richtige Versorgungsspannung  bekommen,  und  er hat auch die
    anfaengliche Ueberlastung mit  220 V (statt der 110  V,  fuer
    die  er  werksseitig  eingestellt  war)  stillschweigend  ge-
    schluckt.  Sollte er bis zu diesem Zeitpunkt drei-, bis vier-
    mal aus Tischhoehe hart auf den Boden aufgeschlagen sein,  so
    bewegt sich auch das durchaus noch im ueblichen Rahmen.  Dies
    ist keineswegs der Grund  fuer  irgendwelche Mucken,  die Ihr
    Liebling  jetzt zeigt.  Und  bei irgendeinem  Mangel sind Sie
    denkbar schlecht beraten,  die  Vertriebsfirma  anzurufen und
    kleinlaut zu gestehen:  "Er ist  mir neulich ein paarmal run-
    tergefallen -  kann  es  davon kommen?"  Jeder  Vertriebsmann
    greift eine solche  Suggestivfrage natuerlich dankbar auf und
    haut Sie erbarmungslos in die Pfanne:  "Na klar kommt das da-
    von; am besten bestellen Sie gleich einen neuen!"
 
    In Wirklichkeit  gibt es aber zu  diesem Zeitpunkt  nicht den
    geringsten Anlass,  die Flinte ins Korn zu werfen.  Gehen Sie
    lieber mit ruhiger Ueberlegung an die Sache heran;  Im Grunde
    genommen  kann ja gar nicht viel  kaputt sein.  Und einer der
    probaten  Wege  (der allerdings weder  vom Computer noch  vom
    Verkaeufer gern gesehen  wird) besteht darin,  die verplombte
    Verschraubung aufzukratzen und das Gehaeuse zu oeffnen.Dieses
    Vorhaben beginnt man am besten mit dem festen Vorsatz, im Ge-
    raet selbst nur mal nachzusehen,  ohne irgendwelche frevelden
    Eingriffe vorzunehmen.
 
    Wenn sich dabei  irgendeine Schraube im Verborgenen gegen die
    Gehaeuseoeffnung sperrt,  hilft  eine kleine Brechstange wei-
    ter,  mit der  man bekanntlich Baerenkraefte entwickeln kann.
    Sollte dabei die eine oder andere Ecke der Computer-Behausung
    abbrechen,  sollten  Sie sich davon  nicht irretieren lassen,
    denn fuer die elektrische Funktion  ist  dies  hoechst bedeu-
    tungslos. Aus zwei Gruenden haben Sie sowohl eine rechtliche,
    als auch eine moralische Befugnis fuer eine derartige Inspek-
    tion:  Ersten ist es IHR Geraet,  das Sie gekauft und bezahlt
    haben (wenn auch auf  Abstottern);  und  zweitens staerkt ein
    solcher  Kontakt  das  Zusammengehoerigkeitsgefuehl  zwischen
    Ihnen und dem  Mops kolossal,  und mindestens  darauf sollten
    Sie beim Garantie-Geplaenkel hinweisen.
 
                           Der direkte Weg
                           ===============

    Wenn Sie bis in die Tiefen des vor Ihnen liegenden, geoeffne-
    ten Computers vorgedrungen sind, koennen Sie eigentlich nicht
    mehr sehr viel richtig machen.  Fuer die  eigentliche Inspek-
    tion gibt  es dann prinzipiell  drei verschiedene Arten,  und
    Sie haben selbstverstaendlich die freie Wahl, wie Sie sich in
    dieser Situation entscheiden wollen.  Die primitivste Methode
    ist die des Dilettanten;  der  nimmt  sich einen vorzugsweise
    plumpen Schraubendreher (manche bevorzugen  sogar einen Sieb-
    zehner- Schluessel) und klopft damit da einzelnen ICs ab.  Er
    macht sich dabei  gar nicht klar,  dass er nach  lose in  den
    Fassungen sitzenden ICs suchte oder kalte Loetstellen aufspu-
    eren koennte;  der  Dilettant haut vielmehr wahllos drein und
    hofft, aehnlich dem Lotto- Tipper, auf den grossen Zufall. An
    sich ist das  in  beiden Faellen  gar nicht so verkehrt,  nur
    kommt meistens der Zufall einem erst dann zu Hilfe,  wenn man
    laengst gestorben ist.
 
    Und  so  endet  eine solche  "Fehlersuche" meist damit,  dass
    irgendein  IC oder  gar  die  Leiterplatte beleidigt  entzwei
    geht;  flugs  greift man zum  laengst vorgeheitzten Loeteisen
    (Dachpfannen- Loetkolben,  versteht sich) und braet den Scha-
    den wieder zusammen; sollte beim unvermeidliche Reklamations-
    gespraech mit dem Verkaeufer die Sprache auf diesen angeblich
    unsachgemaessen Eingriff kommen, stellt sich diese Gruppe von
    Mikrocomputer- Enthusiasten so,  wie sie ist,  naehmlich ganz
    einfach doof.  Und  da soll der  Verkaeufer doch  erstmal das
    Gegenteil beweisen (das  Gegenteil von unsachgemaessen Gefum-
    mel).  Mit dem noetigen dicken  Fell bekommt man sein  derart
    unbrauchbar gewordenes Geraet auch umgetauscht, was zumindest
    den Vorteil hat, es beim zweiten Anlauf besser zu machen.
 
    Natuerlich  tut man  als Dilettant  gut  daran,  jede weitere
    Reklamation bei einer andern Niederlassung einzureichen. Ganz
    doof sind die Haendler nun auch wieder nicht, und den dritten
    verbratenen Computer  innerhalb einer Woche nimmt Ihnen nicht
    einmal der Blindenhund  der  Computer-  Schrott- Zentrale ab.
    Aber hierbei entwickelt man schnell  das gewisse Mass an Fin-
    gerspitzengefuehl, das einem bei der eigentlichen Fehlbehand-
    lung gefehlt hat.
 
                            Ferndiagnose
                            ============
 
 
    Alternativ hierzu  koennen Sie sich natuerlich der Gruppe der
    ganz Schlauen anschliessen.  Die oeffnen ihren Mops zwar noch
    mehr oder  weniger (meistens  letzteres) fachgerecht,  fassen
    aber nichts an.  Das geschieht  nur weniger aus Ehrfurcht als
    vielmehr aus blanker Angst, sie koennten einen gewischt krie-
    gen.
 
    Aber mit den Worten sind diese Klugscheisser ganz dick bei der
    Sache,  was sie in endlosen Fachgespraechen am Telefon  doku-
    mentieren:  "In  meinem  Geraet sind  zwei  Fassungen voellig
    leer,  kein Wunder,  dass es nicht geht!" Oder:  "Hier fehlen
    doch mit Sicherheit ein paar Bruecken,  es ist hoechstens die
    Haelfte  der vorgesehenen  bestueckt!"  Manche wollen es ganz
    genau wissen und reklamieren energisch,  dass  das IC 249 auf
    dem Schaltplan links oben,  auf der  Platine aber mitten drin
    zu finden ist.
 
    Un nach diesem Schema kommen noch weitere Argumente, angefan-
    gen von  einer  um  1,5 mV zu  niedrigen  Versorgungsspannung
    ueber einen Druckfehler auf  dem IC ("Taywan" statt "Taiwan")
    bis hin zu ICs,  die  "falsch rum  drin  sind",  weil die Be-
    schriftung,  von der Geraete-Vorderseite  aus  betrachtet auf
    dem Kopf steht.
 
    An  sich sind dies liebe  Zeitgenossen,  die durch ihre sach-
    und fachkundigen Kommentare belegen, dass sie zu Recht zu den
    Spezialisten Ihrer Sparte gezaehlt  werden.  Aeusserlich sind
    sie daran zu erkennen, dass sie lauthals verkuenden: "Da habe
    ich  dem  Verkaeufer erst mal auf die Spruenge geholfen;  der
    hat doch  gar  nicht  gemerkt,  dass im Schaltplan ein Komma-
    fehler war!" Und wenn jemand auf so einfache Art geholfen wer-
    den kann,  sind meist beide Seiten zufrieden,  der Handel auf
    der einen und der Spezialkunde auf der anderen. .
 
 
                       Wenn der Geist sprueht
                       ======================
 
 
    Viel schwieriger gestaltet sich der Umgang  mit den selbster-
    nannten Spezialisten,  die erst einen  muerrischen  Blick auf
    den Schaltplan werfen und dann triumphierend verkuenden: "Das
    werden wir gleich haben!" Dieser Siegesschrei ergeht in Rich-
    tung weiblicher Haushaltsvorstand, weil von dort schliesslich
    erkleckliche Mittel fuer die Anschaffung des sturen Computers
    bewilligt worden sind.  Und man ist nun im Zugzwang, denn man
    muss ja zumindest beweisen,  dass man das Ding anwerfen kann.
    Wenn es danach infolge von  Untauglichkeit wieder weggeworfen
    werden muss, wird das bei niemanden Erstaunen hervorrufen.
 
    Also geht der Spezi zuerst einmal daran, die Gatterfunktionen
    zu optimieren,  schliesslich hat  er  doch  fuenf Monate lang
    Karnaugh- Veitch- Diagramme  studiert und versteht  etwas von
    seinem Fach. Die freien Gatter in einem IC werden mit anderen
    verknuepft, die Bahnen umgelegt und ueberfluessiges ausgeloe-
    tet.  Nach dem  Motto:  Die direkte Verdrahtung verkuerzt die
    Laufzeit der Signale,  was  noch niemand geschadet hat.  Erst
    wenn sich nach intensivem  Optimieren noch  kein nachhaltiger
    Erfolg eingestellt hat und aus der Kuechentuer oefter als ge-
    woehnlich  ein dumm fragendes  Gesicht herausschaut,  beginnt
    die Re- Optimierungsphase,  bei der ein  dem  urspruenglichen
    Zustand aehnlicher Rueckzustand hergestellt wird.
 
    Wenn dabei hin und  wieder ein IC  (unter  Spannung) verkehrt
    herum eingesetzt wird, und es dies wuetend mit gellender Hit-
    ze quittiert,  ist auch dies kein Grund zur Besorgnis.  Seien
    Sie getrost,  so ein Ding ist ein wahres Wunderwerk, das weit
    mehr aushaelt,  als es  der Hersteller in seiner bescheidenen
    Untertreibung spezifiziert hat!Sollte der Reparateur anlaess-
    lich der Garantie-Reklamation mit Ausdruecken wie "total ver-
    braten" oder "Russ auf der  Platine", dann fragen Sie mit Un-
    schuldsmiene zurueck, ob er noch nie was von ICs gehoert hat,
    die bereits beim Einloeten kaputt waren.
 
                    Wie sag'ich's dem Verkaeufer
                    ============================
 
    Gleichgueltig, zu welcher der genannten Gruppen man sich hin-
    gezogen fuehlt,  wird man nicht umhin kommen, seinen unwilli-
    gen Mops  einzupacken und zum  Verkaeufer zu traben.  Man tut
    gut daran, sich ein paar Argumente und Redewendungen zurecht-
    zulegen,  denn  die sind  mit allen Wassern gewaschen,  diese
    Spezis.  Die erste  Frage beim Betreten des Ladens sollte die
    nach einem Fachmann sein;  es geht  naemlich die  Maer,  dass
    sich  in der  Computer-  Branche mehr gescheiterte Existenzen
    aus der Damen- Oberbekleidung  tummeln als  irgend wo anders,
    und diese Neu- Facchleute  filtert  man eben  durch gezieltes
    Fragen von denen heraus,  die  als alte Hasen schon sechs Wo-
    chen und laenger Computer verkaufen.
 
    Auf Ihre anfaenglich ruhig vorgetragene Reklamation, das Ding
    "gehe nicht",  erhalten Sie meist die Antwort: "Den haben Sie
    ja gar nicht  bei uns gekauft!" Damit  sollen Sie abgewimmelt
    werden,   verstehen  Sie?  Aber  da  muessen  Sie  ganz  cool
    (Fachausdruck fuer "kaltkoepfig") bleiben und auf Ihrem Recht
    beharren.  Dann kontert  Ihr Gegenueber auf  folgende,  linke
    Tour:  "Da sind ja NeckPROMs drin, und wir setzen nur Mischi-
    bischi- Typen  ein!" Es durchzuckt Sie heiss,  weil  Sie beim
    Rueckruesten offenbar in  die  falsche Kiste gegriffen haben,
    aber denoch geben Sie schlagfertig  zurueck:  "Kann  ich doch
    nichts fuer, wenn Ihr in Eurem Laden so schlampert seid!" Ein
    Anheben der Tonlage und eine leichte Drohgebaerde erleichtern
    es Ihnen, Ihr Anliegen durchzusetzen, denn man will um keinen
    Preis  Aufsehen  im Laden haben,  weil das Geschaeft  sowieso
    nicht besonders geht.
 
    Zufrieden  lassen  Sie  Ihren  Liebling im Laden stehen,  die
    (muendliche) Beteuerung des gesamten Personals  noch  im Ohr,
    man werde sich um  schnellste  Instandsetzung  bemuehen.  Wer
    derlei Gerede kritiklos hinnimmt, ist letzlich selber Schuld;
    denn oft ist  solches Bemuehen genauso effektvoll als wenn im
    fernen China ein Reissack  umfaellt;  Man hat eben nicht viel
    davon.
 
    Und "schnellstens" ist in  diesem  Zusammenhang so zu verste-
    hen,  dass es  (eventuell) am Ende der Woche fertig ist;  ge-
    meint ist aber nicht die laufende Woche,  sondern irgenddeine
    Woche des Monats,  und wenn es das Unglueck will,  dann liegt
    ausgerechnet dieser Monat in einem Schaltjahr - aber all` das
    weiss  zu diesem  Zeitpunkt der  Reparaturannahme  noch keine
    Menschenseele, und wenn es eine wuesste so wuerde sie schwei-
    gen!