Raspberry Pi Kamera Rev 1.3 (Sunny) Fokus justieren und scharf einstellen


Wie schon in meinem Artikel über die Videoüberwachung mit dem MotionEyeOS auf dem Raspberry Pi Zero erwähnt, habe ich letztens unter anderem eine als defekt zurückgeschickte Raspberry Pi Kamera rev 1.3 (Aufschrift "Sunny") geschenkt bekommen, die ein Freund für mich samt anderer "Rückläufer zur Entsorgung" vor dem Mülleimer gerettet hat.

Einige Dinge aus der Rückläufer-Wundertüte habe ich schon ausprobiert. Vieles ist unrettbar defekt, manches funktioniert aber noch und manches halbwegs. Von anderen nicht mehr funktionierenden Platinen konnte ich noch das eine oder andere interessante Bauteil auslöten.

Die spannende Frage war also: Funktioniert die Cam und was war wohl der Grund für die Rücksendung? Nachdem ich MotionEyeOS installiert hatte und meine Raspi Zero V1 gebootet hatte, bekam ich auch ein Bild zu sehen. Die RaspiCam und das RaspiCam-Flachbandkabel (dieses trotz kleinem Loch) funktionierten also schonmal. Allerdings nur leidlich, denn das Bild, dass die Cam lieferte war alles andere als scharf:



Auf dem Bild war leider nur schemenhaft mein PC-Schreibtisch zu erkennen. Damit war schonmal der Grund für die Rücksendung klar. Das hätte ich auch umgetauscht.

Das Ganze wäre ja kein Problem, wenn man die Cam wie die Grundig-72820-WebCam aus meinem Projekt Webcamhalter für Octoprint und Anycubic i3 Mega mit Fusion 360 designen an meinem Anycubic i3 mega-3D-Drucker einstellen könnte. Da muss man nämlich nur am Ring rund um die Linse drehen und kann damit den Fokus einstellen.

Die Einstellung funktioniert dabei denkbar simpel: Die Brennweite wird durch den Abstand der drehbaren Linse zum Kamera-Chip oder einer zweiten Linse bestimmt. Die äußere Linse sitzt auf einem Gewinde, dass ich mit dem äußeren Ring links und rechts drehen kann und damit den Abstand zwischen den Linsen verändere. So kann ich durch Veränderung der Brennweite das Bild scharf stellen, dass dann genau in der richtigen Größe auf dem Kamerasensor-Chip auftritt.


Problem bei der Raspberry Pi Cam Rev 1.3 ist nun, dass es hier zwar auch ein Dreh-Gewinde gibt, das aber schon in der Fabrik verklebt wird.

Auf dem Bild rechts ist ein Blob Epoxy-Kleber oder ähnliches sichtbar und fällt durch den Glanz unten links unter der Linse auf. Dadurch lässt sich die Linse nicht drehen und die Brennweite lässt sich nicht einstellen. Normalerweise sollte das in der Fabrik gut justiert sein und dann ist die Fixierung vielleicht sinnvoll, damit sich nichts aus Versehen verstellt. Aber auf der anderen Seite ist das natürlich selten dämlich, wenn man die Brennweite einstellen will.

Mit blieb also nichts anderes übrig, als den Kleber zu entfernen, wollte ich die Cam noch irgendwie retten. Das Gemeine dabei ist, dass der Kleber recht flüssig gewesen sein muss, bevor er aushärtete und in die kreisrunde Ritze runde um die Linse ein Stück weit in das Gehäuse hineingelaufen ist. Und das er verdammt gut hält.

Über mein Bemühen, die Linse zu befreien und wieder drehbar zu machen, habe ich ein kleines Video gemacht. Ganz praktisch dabei war, dass man die Cam von der Platine lösen kann und so auch einzeln in die Hand nehmen kann. Unter der Cam selbst ist ein kleines quadratisches Stück doppelseitiges Klebeband, um die Cam auf der Platine zu fixieren. Das hatte bei mir aber noch die Schutzfoli drauf und damit ließ sich die Cam abnehmen. Wenn die Cam festgeklebt ist, hilft vielleicht reiner Alkohol oder Isopropanol, um den Kleber anzulösen. Die Cam kann man ganz einfach wieder einsetzen, indem man das rechteckige Pad am untere Ende der Cam (unter der Aufschrift "Sunny") wie eingezeichnet auf die Platine drückt. Das geht ganz leicht, reicht aber, damit die Cam auch ohne Klebepad hält.



Das Video habe ich ein wenig geschnitten und gekürzt, um euch die langweiligsten Stellen zu ersparen. Insgesamt habe ich 10 Minuten lang den Kleber mit einer Nähnadel entfernt, um die Linse halbwegs drehbar zu machen. Das ging dann letztendlich aber nur mit einer glatten Flachzange, die ich an den beiden flachen Seite des Cam-Gehäuses angesetzt habe. Die Zange musste ich ziemlich fest zusammendrücken, um nicht abzurutschen, aber dann konnte ich die Linse mit sanfter Gewalt drehen. Ich versuchte erst einmal eine halbe Drehung nach links, was zu folgendem Ergebnis führte:



Damit war ich noch nicht ganz zufrieden und drehte noch ein wenig weiter nach links. Das heißt aber auch jedes mal: Kamera abnehmen, mit der Zange malträtieren, Kamera wieder auf die Platine setzen und die Anzeige-Software neu starten bzw. die Auflösung zu ändern hat auch gereicht. Jedesmal zur Sicherheit den Raspi herunterzufahren und stromlos zu machen, das habe ich mir dann aber wirklich gespart. Und es ist auch nichts kaputt gegangen. Was nicht heißen soll, dass ich vielleicht nur Glück hatte. Also keine Haftung für nichts von meiner Seite aus - besser ihr nehmt die Cam nur runter und tut sie drauf, wenn der Raspi aus ist.



Leider wurde es dadurch wieder schlechter. Also hin und her, rechts und links, Cam runter, einstellen und wieder drauf - auf der Platine drehen hätte bei der nötigen Gewaltanwendung hätte die Fassung nicht überlebt, die wäre einfach weggebrochen, bis ich nach etlichen Versuchen endlich hier landete...



... und gelinde gesagt auch keine Lust mehr auf weitere Fummelei hatte. Das ganze Rumgedrehe am Gehäuse der Cam-Linse und dabei gut mit der Zange zudrücken, damit ich nicht abrutsche, führte dann zu einem teilweise zerstörten Gehäuse rund um die Linse. Das sieht dann so aus:



Der Ring um die Linse ist zur Hälfte weggebrochen. An diesem Punkt musste ich mit weiteren Einstellarbeiten auch aufhören, sonst wäre der Rest auch noch rausgebrochen und eventuell die Linse rausgefallen. Außerdem war eh kein richtiger Griff mehr möglich mangels Masse sozusagen.

Aber mit einem aus dem 3D-Drucker gelassenen Gehäuse für die kleine Cam-Platine wird das Desaster gut kaschiert und die nun hässliche Cam verborgen:



Die STL-Dateien zum Selberdrucken des Cam-Gehäuse gibt es übrigens im Artikel über die Videoüberwachung mit dem MotionEyeOS auf dem Raspberry Pi Zero.