Benchmark CPU, Vergleich Banana Pi BPI-M6 mit Raspberry Pi und Co.

Wer den neu auf den Markt gekommenen Banana Pi M6 noch gar nicht kennt, sollte sich meine vorhergehenden Artikel zuvor durchlesen. Zum einem die allgemeine Vorstellung des Banana Pi BPI-M6 und dann vielleicht noch meine Anleitung, wie man Images, also Betriebssystemabbilder wie die Android Tablet Firmware ins eMMC hochlädt / flasht.

Nachdem ich zu einen das Android Tablet Image getestet hatte, habe ich im letzten Test nun das Linux Ubuntu Image 2024-01-15 für den Banana Pi getestet.

Dieses Image ist sehr viel offener und man kann sehr viel mehr damit machen. Das Android Image ist noch sehr zugesperrt, es gibt dort nicht einmal einen Play Store.

Weil wir jetzt Programme mit dem Ubuntu Linux nachinstallieren können, können wir endlich den Banana Pi M6 mit anderen Einplatinencomputern, insbesondere den Raspberry Pis vergleichen.

Ich persönlich bin sehr gespannt, wo sich der BPI-M6, so die Kurzbezeichnung des neuen Banana Pi M6 denn genau einordnen wird. Mal schauen, inwiefern sich meine ersten Schätzungen ins Blaue bestätigen werden und wie weit ich daneben lag.
Ich schätze, dass der Rasberry Pi 5 so etwa 20% schneller sein wird als der Banana Pi BPI-M6, aber das nur bei Standard-Anwendungen. Bei Anwendungen, die Künstliche Intelligenz Algorithmen benutzen, wird der Banana Pi BPI-M6 dem Rasberry Pi 5 davonrennen. Aber das ist alles nur eine Einschätzung, natürlich werde ich später auch noch Benchmarks laufen lassen und die beiden näher miteinander vergleichen.
Einen ersten Überblick über die CPU im System kann man sich mit dem Linux-Befehl lscpu verschaffen. Da sieht man schon einmal, wieviele CPU-Kerne man hat und wie diese getaktet sind:
pi@bananapi:~$ lscpu Architecture: aarch64 CPU op-mode(s): 32-bit, 64-bit Byte Order: Little Endian CPU(s): 4 On-line CPU(s) list: 0-3 Thread(s) per core: 1 Core(s) per socket: 4 Socket(s): 1 Vendor ID: ARM Model: 0 Model name: Cortex-A73 Stepping: r1p0 CPU max MHz: 2100.0000 CPU min MHz: 800.0000 BogoMIPS: 50.00 Vulnerability Itlb multihit: Not affected Vulnerability L1tf: Not affected Vulnerability Mds: Not affected Vulnerability Meltdown: Not affected Vulnerability Spec store bypass: Vulnerable Vulnerability Spectre v1: Mitigation; __user pointer sanitization Vulnerability Spectre v2: Mitigation; CSV2, but not BHB Vulnerability Srbds: Not affected Vulnerability Tsx async abort: Not affected Flags: fp asimd aes pmull sha1 sha2 crc32 cpuid
Wir haben also vier Cortex-A73 Kerne mit jeweils einem Thread und 2100 MHz Taktfrequenz. Nichts, was wir nicht schon gewusst hätten. Naja, außer vielleicht, dass die CPU-Kerne bis 800 MHz heruntertakten können, um Strom zu sparen. Außerden werden die sicherheitstechnischen Schwachstellen aufgeführt, die in dieser CPU vorhanden sind. Aber kein Grund zur besonderen Besorgnis: jede moderne CPU hat derzeit bedingt durch beschleunigende Technologien einige Schwachstellen.

Das richtige Benchmarkprogramm finden

Da ich nicht alle Einplatinencomputer selbst bestize, mit dem ich einen Vergleich anstellen will, brauche ich ein Benchmarkprogramm, bei dem ich die Ergebniswerte für die Rechner, die ich nicht habe, im Internet finde. Dementsprechend brauche ich ein Benchmarkprogramm, dass für alle Rechner-Plattformen verfügbar ist, das häufig benutzt wird, also beliebt ist und das miteinander vergleichbare Ergebnisse ausgibt. Am liebsten wären mir lineare Ergebniswerte, das heißt, wenn Rechner B doppelt so schnell ist wie Rechner A, sollte sein Score doppelt so hoch sein.

Sysbench ausprobiert

Ein allgemein beliebtes und schon auf ältere Raspberry Pi Generationen eingesetztes Benchmarkprogramm ist sysbench, dass sich mit
sudo apt install sysbench
kinderleicht auf allen Pi-Systeme installieren lassen sollte.

Sysbench bietet zwei für uns wichtige Tests: einmal für die CPU- und einmal für die Speicher-Geschwindigkeit. Die Grafik-Geschwindigkeit kann es, wie die anderen Tools im heutigen Test, nicht messen.

Sysbench misst die Leistung in den Standardeinstellungen nicht ganz fair, denn dann läuft es nur mit einem Kern. Wir wollen aber Systeme mit einem bis zu vier, oder sogar acht Kernen miteinander vergleichen. Also müssen alle Kandidaten mit 8 parallelen Threads laufen. Ein Single Core Kandidat wird dann halt die 8 Aufgaben nacheinander ausführen müssen, ein Quadcore muss zwei Runden mit vier parallelen Threads drehen. Der entsprechende Parameter heißt --threads=8. Außerdem müssen wir noch angeben, welchen Test wir laufen lassen wollen. Das ergibt das Kommando sysbench cpu run --threads=8. Außerdem gibt es noch den optionalen Parameter --cpu-max-prime, das standardmäßig 10000 beträgt.
pi@bananapi:~$ sysbench cpu run --threads=8 --cpu-max-prime=10000 sysbench 1.0.18 (using system LuaJIT 2.1.0-beta3) Running the test with following options: Number of threads: 8 Initializing random number generator from current time Prime numbers limit: 10000 Initializing worker threads... Threads started! CPU speed: events per second: 7792.05 General statistics: total time: 10.0010s total number of events: 77937 Latency (ms): min: 0.51 avg: 1.02 max: 33.89 95th percentile: 5.37 sum: 79850.01 Threads fairness: events (avg/stddev): 9742.1250/61.96 execution time (avg/stddev): 9.9813/0.02
Der Ergebniswert ist hier 7792.05 events per second. Doch Vorsicht, oft wird auch, aus welchen Gründen auch immer, der Parameter --cpu-max-prime=20000 angewendet, zumindest auf vielen Webseiten bei älteren Tests. Das ergibt dann einen anderen Ergebniswert.
pi@bananapi:~$ sysbench cpu run --threads=8 --cpu-max-prime=20000 sysbench 1.0.18 (using system LuaJIT 2.1.0-beta3) Running the test with following options: Number of threads: 8 Initializing random number generator from current time Prime numbers limit: 20000 Initializing worker threads... Threads started! CPU speed: events per second: 3182.03 General statistics: total time: 10.0016s total number of events: 31829 Latency (ms): min: 1.24 avg: 2.51 max: 21.94 95th percentile: 11.24 sum: 79852.41 Threads fairness: events (avg/stddev): 3978.6250/33.44 execution time (avg/stddev): 9.9816/0.01
Jetzt ist der Ergebniswert nicht mehr 7792.05 events per second, sondern nur noch vevents per second. Weniger als die Hälfte. Oft wird dann von den Leuten auch noch zusätzlich der --threads=8-Parameter weggelassen und der Test läuft dann nur auf einem Kern statt zum Beispiel auf vieren. Das macht die Vergleichbarkeit schon einmal schwierig und man muss genau auf die verwendeten Parameter achten, will man Werte aus dem Netz vergleichen.

Auf einer Webseite (11) habe ich einen Vergleichstest zwischen Raspberry Pi 4 und Orange Pi 5 gefunden, und zwar mit den Parametern --threads=8 und --cpu-max-prime=10000, die bei meinem BPI-M6 7792.05 events per second ergab. Nur war hier das Ergebnis 10213.10 für einen Raspberri Pi 4 und 13468.98 für einen Orange Pi 5. Das mag vielleicht im Vergleich zueinander (Raspberry zu Orange) ein stimmiges Verhältnis sein, aber sicher nicht zu meinem Banana Pi M6, der irgendwo dazwischen liegen sollte und nicht weit abgeschlagen dahinter.

Und als ich dann meinen eigenen Raspberry Pi 3B+ mit diesen Parametern testete und nur 117.39 events per second erreichte, also nur ein 100stel von den 10213.10 für einen Raspberri Pi 4 aus obigen Test und ein 66stel zu meinem eigenen Test und 7792.05 für den Banana Pi M6, war mir klar, dass die Ergebnisse nicht vergleichbar sind und sysbench für mich als Benchmark nicht taugt, selbst mit gleichen Parametern nicht. Vielleicht liegt es an der Version. Ich benutzte die 1.0.18, FOSS (11) die 1.0.20

Der Vollständigkeit halber lasse ich noch einen Speichergeschwindigkeitsbenchmark laufen:
pi@bananapi:~$ sysbench memory run sysbench 1.0.18 (using system LuaJIT 2.1.0-beta3) Running the test with following options: Number of threads: 1 Initializing random number generator from current time Running memory speed test with the following options: block size: 1KiB total size: 102400MiB operation: write scope: global Initializing worker threads... Threads started! Total operations: 10520918 (1051954.62 per second) 10274.33 MiB transferred (1027.30 MiB/sec) General statistics: total time: 10.0001s total number of events: 10520918 Latency (ms): min: 0.00 avg: 0.00 max: 0.35 95th percentile: 0.00 sum: 4055.83 Threads fairness: events (avg/stddev): 10520918.0000/0.00 execution time (avg/stddev): 4.0558/0.00

Meine Benchmark-Software-Wahl fällt auf...

Als nächstes kommt mir Geekbench in den Sinn, ein cross-platform benchmark, der auch unter den Pis laufen sollte und der einen Browser zum Abruf anderer Ergebnisse hat. So könnte ich wieder mit anderen Systemen, die ich nicht selbst besitze, vergleichen.

Doch leider scheitert die Installation von Geekbench daran, dass das Installationspaket Snap-basiert ist und Snap bei meinem derzeitigen Ubuntu Image auf dem Banana Pi 6 nicht richtig funktioniert. Schade, das war ein vielversprechender Kandidat.

Auf der Webseite von U-Labs (12) stoße ich dann auf Testergenisse eines Raspberry Pi 4B, die mit der Benchmark-Software PassMark erstellt wurden. Auch mit PassMark kann man CPU und Speichergeschwindigkeit testen und erhält einen Ergebniswert. U-Labs hat für seinen Raspi 4B einen CPU Mark von 912 und einen Memory Mark von 506 erreicht.

Ich downloade, installiere und starte die Software auf meinem Raspberry Pi 3B+, der die ARM32-Version benötigt
wget https://www.passmark.com/downloads/pt_linux_arm32.zip unzip pt_linux_arm32.zip sudo apt install libncurses5 ./PerformanceTest/pt_linux_arm32
PassMark PerformanceTest Linux (11.0.1002) Raspberry Pi 3 Model B Plus Rev 1.3 Cortex-A53 (armv7l) 4 cores @ 1400 MHz | 922 MiB RAM Number of Processes: 4 | Test Iterations: 1 | Test Duration: Medium -------------------------------------------------------------------------------- CPU Mark: 496 Integer Math 2362 Million Operations/s Floating Point Math 1252 Million Operations/s Prime Numbers 0.8 Million Primes/s Sorting 1265 Thousand Strings/s Encryption 164 MB/s Compression 13071 KB/s CPU Single Threaded 316 Million Operations/s Physics 46.7 Frames/s Extended Instructions (NEON) 186 Million Matrices/s Memory Mark: 257 Database Operations 81.0 Thousand Operations/s Memory Read Cached 1660 MB/s Memory Read Uncached 1541 MB/s Memory Write 1689 MB/s Available RAM 841 Megabytes Memory Latency 131 Nanoseconds Memory Threaded 2408 MB/s -------------------------------------------------------------------------------- Results submitted: https://www.passmark.com/baselines/V11/display.php?id=505710115651
Das macht U-Labs Raspi 4B mit einer CPU Mark von 912 etwas mehr als doppelt so schnell wie meinen Raspi 3B+ mit einer CPU Mark von 496. Das kommt schon eher hin.

Als nächstes downloade, installiere und starte die Software auf meinem Banana Pi M6, der die ARM64-Version benötigt
wget https://www.passmark.com/downloads/pt_linux_arm64.zip unzip pt_linux_arm64.zip sudo apt install libncurses5 ./PerformanceTest/pt_linux_arm64
PassMark PerformanceTest Linux (11.0.1002) Synaptics VS680 BPI-M6 (20240115) Cortex-A73 (aarch64) 4 cores @ 2100 MHz | 3.1 GiB RAM Number of Processes: 4 | Test Iterations: 1 | Test Duration: Medium -------------------------------------------------------------------------------- CPU Mark: 1200 Integer Math 13270 Million Operations/s Floating Point Math 5225 Million Operations/s Prime Numbers 5.6 Million Primes/s Sorting 5813 Thousand Strings/s Encryption 235 MB/s Compression 10689 KB/s CPU Single Threaded 572 Million Operations/s Physics 160 Frames/s Extended Instructions (NEON) 698 Million Matrices/s Memory Mark: 942 Database Operations 1237 Thousand Operations/s Memory Read Cached 6371 MB/s Memory Read Uncached 6365 MB/s Memory Write 4717 MB/s Available RAM 1952 Megabytes Memory Latency 85 Nanoseconds Memory Threaded 15389 MB/s -------------------------------------------------------------------------------- Results submitted: https://www.passmark.com/baselines/V11/display.php?id=505709936747
Der BPI-M6 erreicht einen CPU Mark von 1200, ist also ca. 30% schneller als der Raspi 4B (Rev 1.1) von U-Labs. Auch das kommt gut hin und deckt sich ungefähr mit meinen Vorab-Schätzungen. Und in Sachen Speichergeschwindigkeit überflügelt der BPI-M6 mit 942 den Raspi 4, der "nur" einen Memory Mark von 506 hat.

Mir gefällt auch die klare Ausgabe, die noch einmal CPU, Kerne und Takt anzeigt, als auch den Speicherausbau. Und die Unterteilung in die Aufgabenstellungen finde ich auch sehr informativ und nützlich. Sie beantwortet Fragen wie: "Ist meine CPU in Ganzzahl-Operationen (Integer) super, ist aber bei Fließkomma-Operationen (Floating Point) eine absolute Niete?", "Wie schnell kann mein System Dateien verschlüsseln?" und "Wie schnell kann mein System eine Zip-Datei entpacken?".
Wie schnell RAM-Speicher gelesen und geschrieben kann hat in der Praxis auch einen hohen Einfluss auf die Systemgeschwindigkeit und wrd hier erfreulicherweise konkret mit Megabytes die Sekunde angegeben.

Jeder, der einen Passmark-Test durchführt, bekommt die Gelegenheit, mit nur einem Knopfdruck auf Y sein Ergebnis zu PassMark hochzuladen. Da spricht nichts dagegen würde ich sagen, an den Werten ist nichts geheimes und PassMark kann eine Datenbank mit all diesen übertragenen Ergebnisse aufbauen, die man netterweise auch abfragen kann.

Dort kann man nach CPU, Kernanzahl und Takt suchen und kann so die Benchmarkwerte anderer Systeme, die man nicht testen kann, abrufen. Was einen Vergleich leichter ermöglicht.

Vergleich der unterschiedlichen Pi-Systeme

Ich habe mal die Werte der gebräuchlichen Raspberry Pis zusammengetragen. Wo ich sie selbst messen konnte, habe ich das getan. Ansonsten habe ich in der PassMark-CPU-Datenbank gesucht. Manches konnte ich dort auch nicht finden und habe es erst einmal grob geschätzt.

PassMark Memory Benchmark

Fangen wir mit dem kürzeren Vergleich der Speichergeschwindigkeit an, die nicht in der PassMark-Datenbank steht und die ich selbst gemessen habe bzw. beim Raspi 4B von U-Labs (12) übernommen habe.

SystemPassMark
Memory
Memory
Threaded
MB/s
MB/s
Vergleich
Graph
Raspberry Pi 3B+ 257240864%
Raspberry Pi 4B5063762100%
Banana Pi M6 94215389409%

Für den direkten Vergleich habe ich den Wert Memory Threaded hergenommen, da dieser am besten die Systemleistung widerspiegelt. Hierbei wird von PassMark zuerst 256 MB Speicher angefordert und dann von allen Cores parallel wieder gelesen. Das entspricht im Prinzip dem "Read cached"-Test, berücksichtigt aber mehrere Cores und Multi-Channel-RAM, auf den ggf. auf mehreren Kanälen parallel zugegriffen werden kann. Es bildet darum die praktische Speichergeschwindigkeit meiner Meinung nach am besten ab.

In diesem Vergleich schlägt sich der Banana-M6 dank seines LPDDR4-RAMs am besten. Mit ihm bekommt man die Daten viermal so schnell hin- und hergeschaufelt als mit dem Raspi 4B und sogar 6.4 mal schneller als mit dem Raspi 3B+.

PassMark CPU Benchmark

Wichtiger und dank der PassMark-Datenbank auf jeden Fall breiter vergleichbar ist der CPU Mark, der sich wohl aus der Vielzahl Einzeltests zusammensetzt und einen guten Querschnitt geben sollte. In der Praxis wird man wohl alle getestete Aufgaben verwenden. Welche CPU-Eigenschaft man am häufigsten benutzt und die für den speziellen Einsatz am wichtigsten ist, kann jedoch variieren, etwa bei Rechnern, die nur Spezialaufgaben duchführen. Aber im Großen und Ganzen ist der Mix in Ordnung. Die NPU, also der KI-Prozessor des BPI-M6 wird allerdings nicht extra durch PassMark getestet und bleibt außen vor.

SystemPassMark
CPU
VergleichGraph
Raspberry Pi Zero
1x ARMv6 1.0 GHz
50*5.48%
Raspberry Pi Zero 2
4x Cortex-A53 1.0 GHz
24827.19%
Raspberry Pi 3B+
4x Cortex-A53 1.4 GHz
49654.39%
Raspberry Pi 4B rev 1.1
4x Cortex-A72 1.5 GHz
912100%
Banana Pi M6
4x Cortex-A73 2.1 GHz
1200131.58%
Raspberry Pi 5
4x Cortex-A76 2.4 GHz
2142234.86%
Orange Pi 5
4x Cortex-A76 2.4 GHz,4x Cortex-A55 1.8 GHz
2700*296.05%
Intel Core i5-750 (Desktop 2009)
4x i5-750 2.67 GHz
2530277.41%
Eee PC 901 (Netbook 2008)
1x Intel Atom N270 1.6 GHz
17519.19%
Intel N100 (Mini PC 2023)
4x Intel N100 max 3.4 GHz
5635617.87%
* = geschätzter Wert

Meine erste Einschätzung war also halbwegs richtig: der Banana Pi M6 findet seinen Platz zwischen Raspberry Pi 4 und 5. Der BPI-M6 ist gut 30% schneller als der Raspi 4B, kann an den Raspi 5 aber nicht heranreichen, der fast 1.8 mal so schnell ist wie der BPI-M6.

Der Orange Pi 5 ist dann noch einmal ein gutes Stück schneller als der Raspi 5, was an seinen zusätzlichen 4 Cortex-A55 Kernen mit 1.8 GHz liegt, der er zusätzlich zu den 4 Cortex-A76-Kernen mit 2.4 GHz hat, über die auch der Raspi 5 verfügt. Damit die Sache ein bisschen vorstellbarer wird, habe ich der Tabelle noch einen alten Desktop-Rechner von 2009, ein Netbook von 2008 und einen aktuelen Mini-PC mit Intel N100-Prozessor hinzugefügt.

Um 2008 / 2009 waren Netbooks in Mode, das waren kompakte, kleine Notebooks, sozusagen für die Handtasche, mit einem Atom-N270 oder ähnlichem Prozessor. Die Bildschirmauflösung war meist nur 1024 x 800 Pixel und es lief Windows XP darauf. Die Dinger waren nicht gerade als schnell verschrien. Aber sie waren günstig und äußerst mobil. Zum Vergleich: Ein Raspberry Pi Zero 2 hat mehr CPU-Power als so ein olles Ding, dass einen sogar beim Browsen im Internet Geduld abverlangte.

Etwa zur gleichen Zeit, im September 2009 kam Intel mit ihren Core-Prozessoren heraus. Der Intel Core-i5-750 war der erste Vertreter von Mittelklasse-CPUs einer langen Reihe von Core-Prozessoren und wurde in Desktop-Computer eingebaut. Sei es für Büro oder Gaming. Meist lief Windows (Windows XP, Vista, 7) darauf. Mit 2530 Passmark-Punkten liegt die Intel Core-i5-750-CPU zwischen Raspberry Pi 5 und Orange Pi 5. So viel Power haben die kleinen Pis heute also schon: soviel wie ein ausgewachsener Desktop-Rechner von vor 15 Jahren.

Wer mit dem Gedanken spielt, sich einen Mini PC zuzulegen, mit dem er nicht unbedingt basteln will, könnte sich auch für einen Mini-PC mit Intel N100-CPU interessieren. Die hat mehr als doppelt soviele PassMark-Punkte wie ein Raspberry Pi 5, ist aber eine x86 und keine ARM-CPU. Was aber nicht heißt, dass man nicht auch Linux darauf installieren könnte. Meistens kommen diese N100-Mini-PCs aber mit Windows 11.

Preise und Verfügbarkeit (Stand Feb. 2024)

Die nachfolgenden Angaben sind nur eine Momentaufnahme und gehen der Frage nach: "Was ist der richtige Mini-PC für mich?". Da kommt es natürlich auf den Preis und den Anwendungszweck an.

Die Raspberry Pis haben als Bastelcomputer angefangen. Den nackten Raspberry Pi Zero ohne Header und WLAN gab es schon ab 5 Euro. Da muss man keine furchtbare Angst haben, wenn mal etwas kurzgeschlossen wurde und der Pi über den Jordan ging - was ja irgendwie immer mal passieren kann. Der Einsatz von 5 Euro war nicht hoch.

Wer mehr Rechen-Power wollte, konnte sich einen "großen" Raspberry Pi für ca. 35 Euro kaufen. Dieser Preis blieb ziemlich stabil für das neueste Raspberry Pi Modell - bis zum Raspberry 3B+.

Dann kam Corona und die Chipkrise und der Raspberry Pi 4 war quasi nur zu Mondpreisen von irgendwelchen Scalpern zu bekommen. Preise über 100 Euro gebraucht waren keine Seltenheit. Die Raspberry Pi Foundation kam mit der Produktion nicht nach und konnte die Nachfrage nicht befriedigen. Zu unserer aller Überraschung kam dann der Raspberry Pi 5 heraus. Das hat die Lage für den Raspi 4 ein wenig gebessert, aber der Raspi 5 war dann eigentlich überhaupt nicht zu kriegen.

Jetzt, im Februar 2024 hat sich die Lage wieder halbwegs stabilisiert. Man bekommt einen Raspi 3B wieder für 38 Euro, was der gewohnten 35-Euro Marke entspricht. Aber auch ein Raspberry Pi Zero 2W hat fast genauso viel Power und kostet nur 19 Euro. Der superlahme Zero Version 1 gibt es für 18 Euro. Ich glaube, den will für den Preis niemand mehr haben.

Basteln kann man also immer noch, für den Einsatz von 19 Euro für den Zero 2W oder 28 Euro für den Raspi 3B. Ich würde den Raspi Zero 2W nehmen, wenn es nur ums Basteln geht. Der GPIO-Header ist der gleiche und wenn man kein Ethernet-Port benötigt, fehlt einem nichts. Ein paar mehr USB-Ports kann man auch mit einem Hub bewerkstelligen. Selbst Retropi sollte darauf laufen. Ich selbst habe Octopi für meinen 3D-Drucker auf einem Zero 2W laufen.

Wenn man ein bisschen was anspruchsvolleres machen will, zum Beispiel mit RetroPi auch jüngere Spiele emulieren oder den Pi vielleicht sogar als Desktop-Ersatz verwenden, dann kann es natürlich nicht genügend Power sein. Da wäre der Raspi 4B mit 2GB RAM für ca. 50 Euro oder mit 4 GB für ca. 60 Euro eine Möglichkeit. Diese sind inzwischen wieder halbwegs gut verfügbar, weil halt die meisten den besten Raspberry Pi, den Fünfer wollen.

Der Raspberry Pi 5 gibt es in der 4 GB RAM-Variante ja auch nur für einen Zehner mehr als den 4er, also für 70 Euro. Oder man legt sich gleich die 8GB-Variante für 90 Euro zu. Als ich gerade nachgeschaut habe, war die 4 GB Variante bestellbar, die 8 GB aber nicht. Die Verfügbarkeit ist also besser geworden. Ich würde die 10 Euro mehr für einen 5er auf jeden Fall investieren. Was evtl. warten heißt, bis er wieder bestellbar ist.

Der Banana Pi M6 (mit 4GB RAM) liegt mit seinem Preis zur Zeit über 100 Euro und ist auch nicht immer sofort lieferbar. Und der Orange Pi 5 Plus rangiert in der 8GB-Version sogar bei roundabout 150 Euro. Das wäre mir zu teuer und ist wohl eher was für die Leute, denen es mehr um Speed geht, als ein Schnäppchen zu machen.

Und ab 150 Euro bekomme ich auch schon einen Mini-PC mit Intel N100-CPU, der in Sachen CPU-Performance alle Pi-Kandidaten in die Tasche steckt und doppelt so schnell ist wie ein Orange Pi 5+. Und da bekommt man für 150 Euro nur die nackte Platine. Bei einem N100-Mini-PC ist SSD, Netzteil, Gehäuse und meist Windows 11 schon dabei.

Da ist dann natürlich nichts mehr mit Basteln, denn es gibt keinen GPIO-Header. Das ist dann schon eher ein echter PC, ein arg beengter halt. Mit nur einem RAM-Riegel, aber mit halbwegs Standard-PC-Komponenten wie einer schnellen SSD, komfortablem BIOS, reichlich USB-Ports und dergleichen von Haus aus - was man halt vom PC her kennt, nur halt nicht so erweiterbar wie ein Desktop. Das wäre als Wohnzimmer-PC oder als Emulations-PC sicher sehr gut geeignet.

Nur Basteln und Sensoren anschließen, das geht am N100-Mini-PC halt nicht. Aber da muss ich mich auch fragen: will ich meinen 70 oder 100 Euro teueren Pi wirklich zum basteln verwenden? Sensoren auslesen kann ich auch mit einem Raspi Zero V1, der ist dafür schnell genug. Oder ich benutze einen Arduino oder einem ESP32 für wenige Euro.

Was heißt das jetzt für den BPI-M6?

Seien wir ehrlich: für Standardanwendungen kann der Banana Pi M6 mit dem Raspberry Pi 5 nicht mithalten. Der Raspi Pi 5 kostet mit 4 GB RAM nur 70 Euro statt über 100. Und er hat eine größere Fan-Gemeinde, die bei Fragen in Foren besser unterstüzten kann. Und es gibt mehr Images, die man einfach auf eine SD flashen kann und die dann einfach laufen.

Aber der BPI-M6 hat ein paar Stärken: Er muss nicht von SD booten, er hat auch ein 16 GB großen eMMC-Flashspeicher, der schneller ist. Und ich schätze mal, auch weniger störungsanfällig, etwa in einer vibrierenden Maschine weniger Probleme macht.

Und er hat eine spezielle NPU, um Algorithmen der künstlichen Intelligenz, etwa die Mustererkennung zu beschleunigen. Zudem ist er das einzige Gerät, dass über einen HDMI-Eingang verfügt - das habe ich so noch bei keinem Einplatinencomputer gesehen.

Der BPI-M6 kann seinen Preis nur rechtfertigen, wo seine Spezialfähigkeiten zum Einsatz kommen können. Hier sehe ich die Banana Pi Org in Zugzwang entsprechende Software, sprich Images, zur Verfügung zu stellen. Zum Beispiel einen digitalen Videorekorder, der HDMI auf SD aufnimmt. Oder Objekte wie Pakete, die über ein Fließband laufen per KI erkennen kann und zählt oder umleitet.

Das zweite Beispiel ist eher eine Industrieanwendung; aber gerade das erste wäre für den Consumer-Markt und würde den Banana Pi M6 für eine ganze Menge Personen interessant machen. Und nur so kann der BPI-M6 aus seinem derzeitigen Nischen-Dasein heraustreten. Das heißt, solange der Preis nicht wesentlich fällt.

Ich bin auf jeden Fall gespannt, was noch alles an Software für den BPI-M6 kommt und wie das nächste Image aussieht, dass ich dann natürlich hier im Blog wieder testen werde.

Update 2024-03-11

Es ist ein neues Image für den Banana Pi BPI-M6 herausgekommen, diesmal mit der Linux-Variante Armbian v24.2.0. Ich habe mir die Version mit dem Xfce-Desktop ausführlich angeschaut und getestet. Den entsprechenden Artikel findet ihr hier.

Quellen, Literaturverweise und weiterführende Links