Die neuen Einfuhrregelungen ab 1. Juli 2021 sind eingeführt. Was bedeutet das für China-Elektronik-Schnäppchen?

Wer hat die neue Regelung bereits umgesetzt?
- Ali Express
- eBay (Händler im Ausland)
- amazon (Händler im Ausland)
- andere Verkaufsplattformen
Auswirkungen des BREXIT
EU-Lager


In meinem Artikel Sind die neuen Einfuhrregelungen ab 1. Juli 2021 das Aus für China-Elektronik-Schnäppchen? hatte ich ja darüber berichtet, dass Bestellungen aus dem EU-Ausland teuer werden können.

Der 1. Juli ist verstrichen, die Verkaufsplattformen im Ausland, die auch in nach Europa verkaufen, hatten Zeit, ihre Abrechnungsweise anzupassen und am sogenannten Import-One-Stop-Shop (IOSS)-Verfahren teilzunehmen.

Dabei zieht bereits die Verkaufsplattform die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) ein und führt sie in unserem Fall an das deutsche Finanzamt ab, indem es die EUSt auf den Warenpreis aufschlägt. Das heißt im ersten Moment, dass 19% des Warenwertes aufgeschlagen werden. Damit ist die Steuer dann aber auch entrichtet und so muss sie nicht mehr vom Zoll eingezogen werden und es kommen auch keine derzeit 6 Euro "Auslagenpauschale" für DHL bzw. Deutsche Post oben drauf. Das gilt natürlich nur für zollfreie Waren bis zu einem Warenwert von 150 Euro. Danach ist in jedem Fall Zoll fällig. Die EUST ist immer fällig, wenn sie nicht gerade weniger als 1 Euro beträgt.

Kleines Rechenbeispiel: Früher, vor dem 1. Juli 2021, hat ein Artikel 10 Euro gekostet. Es waren auch nur 10 Euro zu bezahlen, da der Warenwert unter der 22 Euro-Freigrenze lag.

Ab 1. Juli 2021 würde der Zoll für die 10 Euro Warenwert 19% EUSt verlangen, macht 1.90 Euro EUST, die Post würde nochmal 6 Euro Gebühren verlangen, macht summa summarum 17.90 Euro, die zu bezahlen sind. Zuzüglich evtl. Fahrereien zu Postamt oder Zollamt.

Nimmt der Händler im Ausland aber am IOSS teil, dann schlägt er die 19% auf den Preis auf und verlangt gleich 11.90 statt der 10.00 Euro. Die zahlen wir auch an der Kasse und die Sendung geht als bereits versteuert auf den Weg. Der Zoll winkt die Sendung durch, weil er ja schon hat, was er will und die Sendung landet wie gewohnt im Briefkasten. Zusammen sind also 11.90 Euro zu zahlen. Das ist verschmerzbar.

Einen kleinen Vorteil - wenn man so will - hat der Wegfall der Freigrenze von 22 Euro aber auch: Man braucht sich nicht mehr daran halten und kann jetzt frank und frei drauf los bis 150 Euro (Zollfreigrenze) ordern. Was hat man doch früher versucht, die Päckchen ja nicht über 22 Euro (für die Experten waren das sogar 26.31 Euro) kommen zu lassen und dann lieber auf zwei Tage bestellt. Darum muss man sich jetzt keinen Kopf mehr machen, die EUST muss man jetzt in jedem Fall zahlen.

Ohne IOSS guckt man allerdings dumm aus der Wäsche, wenn auf einmal fast das doppelte gezahlt werden soll.

Wer hat die neue Regelung bereits umgesetzt?

Darum ist die große Frage, welche der Händler die IOSS-Regelung bereits umgesetzt hat, die für den Käufer von Vorteil ist und ihm letzten Endes Geld und Aufwand erspart.

Aus diesem Grund habe ich mich Stand heute, 22. September 2021 einmal umgeschaut, wie weit das inzwischen so gediegen ist.

Ali Express

Beginnen wir mit dem Versender aus China, bei dem ich mit am häufigsten bestelle und der ein Big Player ist: Ali Express.



Ali Express zieht also die "Mehrwertsteuer" (benutzen die als Synonym für Einfuhrumsatzsteuer) für uns ein. Das erfährt man, wenn man eine Weile mit der Maus über dem Fragezeichen bei "MWSt. in ihrer Bestellung enthalten" ruht. Außerdem soll es weitere Infos im Hilfe-Center geben, die dummerweise nicht gleich verlingt sind.

Sucht man aber im Help Center nach "taxes" bekommt man ein paar Treffer zum Thema, natürlich in englisch: Ich würde euch die Hilfeseiten ja verlinken, aber ich kennen Ali Express. Da lohnt sich es nicht, irgendetwas zu verlinken, denn die Links wechseln ständig.

Also für euch in Kürze die wichtigsten Auszüge:
You may be charged customs duties and taxes for something you bought on AliExpress because:
• Duties and taxes are typically not included in the price of the item, and might not be included in the overall shipping costs you pay to the seller.
• When shopping on AliExpress, you are buying from overseas sellers. That’s why sometimes you will be asked to pay customs duty.
Deswegen gehe ich davon aus, dass auf die angezeigten 21.11 Euro noch einmal 19% EUST kommen. Eventuell sind die auch schon drin, weil ich ja schon China als Versandland und Deutschland als Empfangsland angegeben hatte und sich die Preise dabei änderten. Da ich gerade nichts von AliExpress brauche, belasse ich es bei der Vermutung.

Außerdem war mit aufgefallen, dass ein Artikel 1.08 Versand kostete und die Versandkosten bei diesem Artikel nur unwesentlich höher wurden, als ich mehrere Artikel einkaufen wollte. Auch wurde dabei die Versandart automatisch von "Sparversand" auf "AliExpress Standard" hochgestuft. Vorsicht: Verringert man die Anzahl wieder, wird nicht wieder zurückgestuft.

Das ist alles ein bisschen verwirrend bei AliExpress und auch das denglisch (und Mix mit anderen Sprachen) erwecken jetzt nicht so den vertrauenswürdigen Eindruck. Aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass bisher so ziemlich alles zu meiner Zufriedenheit war und man auch bei beschädigten oder falschen Artikel auf AliExpress als Moderator zählen kann und eigentlich immer eine Erstattung bekommt, wenn diese berechtigt ist.

eBay (Händler im Ausland)

Bei eBay zeigt sich dem deutschen Käufer folgendes Bild bei einem Artikel aus China:



- Es können Verzögerungen durch Zollkontrollen entstehen.
- Es können Einfuhrzölle und Steuern anfallen, die vom Käufer zu zahlen sind.
- ...
hört sich für mich danach an, ob alles beim alten geblieben ist und es keine Teilnahme am IOSS gibt. Zumindest nicht bei diesem Händler. Da könnte man in die Kostenfalle tappen.

eBay Deutschland schreibt in seiner Mitteilung für Verkäufer Änderungen bei der Umsatzsteuer für Importe in die EU ab Juli 2021:
...
4. IOSS-Nummer für Importe mitteilen: Wenn Sie Waren in die EU importieren und eBay die Umsatzsteuer auf Ihre Verkäufe einziehen muss, geben Sie immer die von eBay bereitgestellte Import One-Stop-Shop (IOSS)-Nummer elektronisch an. Andernfalls müssen Ihre Käufer möglicherweise die Umsatzsteuer bei der Lieferung bezahlen.
Daraus schließe ich, dass eBay fit ist für den Einzug der EUST im IOSS-Verfahren, dass aber nur tut, wenn der Verkäufer auch seine IOSS-Nummer angegeben hat.

Da muss man dann wohl aus Kunde immer genau hinschauen, um nicht in die Gebührenfalle zu tappen.

amazon (Händler im Ausland)

Auch bei amazon kann man von ausländischen Händlern kaufen, die oft auch einen attraktiven Preis haben. Wenn man etwas aus China über amazon.de kauft, darf man aber nicht auf den guten und kulanten Kunderservice von amazon hoffen. amazon ist hier nur Vermittler und wird sich heraus halten, wenn ein Artikel von einem chinesischen Händler nicht ankommt wie erwartet.

Das bedenkend, ist der Artikel, der kostenlos per prime (so man denn Prime Kunde ist) aus Deutschland kommt und von amazon versandt wird eventuell doch die bessere Wahl. Aber darum geht es gerade nicht, es geht um asiatische Händer, die über amazon verkaufen.

Hier habe ich mir mal einen (scheinbar) günstigen Artikel herausgepickt. Einen Sensor für nur einen Eurocent:



Erst einmal: was für eine seltsame Beschreibung für einen DHT22-Temparatur / Feuchtigkeits-Sensor. Was soll bloß "weist eine hohe Zähigkeit, eine gute digitale Konvertierungsfähigkeit und ein spezielles humanisiertes Design auf" in diesem Zusammenhand bedeuten?

Daran könnte man schon mal erkennen, dass hier ein ausländische Händler etwas anbietet. Trotzdem der Preis... Nicht täuschen lassen. Ganz oben rechts steht, dass noch 2.48 Euro Versandkosten dazukommen. Und das mit Ankunft der Ware erst in 5 bis 6 Wochen zu rechnen ist. Damit ist das nur noch bedingt ein Schnäppchen. Aber man muss noch weiter lesen im Kleingedruckten rechts. "Verkauf und Versand durch Swifts12DEwan." steht da weiter unten. Und erst wenn man auf den Händlernamen klickt erfährt man, mit wem man da Geschäfte machen will:



Jemand aus Shenzhen aus China also. Da sind ja viele Tech-Unternehmen und Händler ansässig, erstmal nichts schlechtes. Aber amazon ist da auf jeden Fall raus und wird keinen Support leisten, wenn etwas schief geht. Trotzdem: wie verhält sich das jetzt mit der EUST? Wird die über IOSS eingezogen?

In diesem speziellen Fall ist das unbedeutend, denn der Warenwert inklusive Versand ist unter 5 Euro. Damit ist die EUST (19%) unter einem Euro. Und wird eh nicht eingezogen.

Nehme ich einen teureren Artikel des selben Händlers in den Einkaufwagen (3.99 plus 2.95 Versand) ergibt sich folgendes Bild:



Klickt man hier im Warenkorb rechts auf "USt. Informationen anzeigen" sieht man, dass die USt berechnet wird. Und dann wohl auch über IOSS abgeführt werden wird. So hunderprozentig transparent finde ich das allerdings nicht. Der Versand erfolgt ja durch den chinesischen Händler. Ob der da alles richtig auf die Sendung für den Zoll draufschreibt? Bei etwas größeren Händlern sollte man davon ausgehen. Evtl. macht ein kleinerer Händler, der sich nicht so mit den EU-Vorgaben auskennt einen Fehler und man dann im Zweifelsfall zum Zoll und nachweisen, dass man bei amazon die Umsatzsteuer schon bezahlt hat.

Ich schätze mal, ähnlich wie bei eBay ist hier der Händler in der Verantwortung, die IOSS-Nummer zu hinterlegen und amazon regelt dann die Abfuhr der USt (oder eben nicht, wenn keine IOSS-Nr. hinterlegt wurde). Darum gilt wohl auch hier: genau hinschauen, um keine böse Gebühren Überraschung zu erleben.

Andere Verkaufsplattformen

Das sind die Verkaufsplattformen, bei denen ich in den letzten Jahren so eingekauft habe. Sicher gibt es noch andere wie BangGood oder DealExtreme (da schon ewig nichts mehr gekauft). Aber da könnt ich jetzt ja selbst recherchieren, wie es sich da verhält. Ihr wisst ja jetzt, worauf man achten muss.

Natürlich ist das nervig, jedesmal nachzuschauen, wie sich das mit der Abfuhr der Umsatzsteuer verhält, besonders bei den Plattformen, bei den sich der ausländische Händler selbst aussuchen kann, ob er teilnehmen will und es kein generelles Abführen gibt. Aber da wird man wohl nicht herum kommen, zumindest nicht für eine gewisse Übergangszeit.

Aber schön zu sehen, dass die großen Plattformen beim IOSS-Verfahren mitmachen und das schon umgesetzt haben.

Auswirkungen des BREXIT

Die IOSS-Regelungen betreffen auch nur Händler aus dem EU-Ausland. In den EU-Staaten gibt es ja schon länger Regelungen zur innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerabführung. Da muss man sich keinen Kopf um Zoll und Einfuhrumsatzsteuer machen, wenn man aus einem EU-Land bestellt.

Dabei muss man aber immer dran denken, was jetzt noch EU ist und was nicht. In der Schweiz spricht man zwar auch deutsch, aber es ist kein EU-Land. Und seit ein paar Monaten ist der BREXIT durch und auch Großbritannien zählt nicht mehr zur EU. Das heißt, dass man hier auch darauf achten muss, dass der Händler am IOSS-Verfahren teilnimmt. Irland hingegen zählt zur EU. Schottland zählt zum United Kingdom und ist nicht in der EU, auch wenn einige Schotte gerne zurück in die EU möchten.

Da braucht man fast erweitertes Geografie und Poltikwissen, um hier sicher zu sein, ob man aus einem EU-Staat bestellt oder nicht.

EU-Lager

Außerdem unterhalten manche große asiatische Händler für sie ausländische Lager, aus denen man sich die Waren schicken lassen kann. Das kann man bei AliExpress gut sehen, wo man den Versandort auswählen kann (auch wenn meistens nur eine Option für Deutschland geht). Dementsprechend ändern sich die Konditionen und es werden andere Preise angezeigt. Dabei beachten: Spanien, Tschechien und die Niederlande sind in der EU, Großbritannien nicht mehr.

Auch wenn der Preis beim Versand aus Spanien eventuell teurer ist, kann sich das trotzdem lohnen, denn die Ware wird schneller ankommen (kürzerer Weg) und man hat keine Scherereien mit dem Zoll - wobei: mit IOSS sollte dass auch aus China kein Problem mehr sein.