2014-11-19: Heute habe ich Candy Crush Saga blockiert!
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Auf Candy Crush Saga, ein "Free-to-play"-Spiel von King, dass es für Facebook und als Smartphone-App gibt, bin ich damals aufmerksam geworden, als ich las, dass dieses Spiel eine halbe Milliarde Euro Umsatz im Jahr erwirtschaftet. Mittlerweile, so lese ich gerade sind es sogar 641 Mio US$ pro Quartal (1.Qt 2014). Da wurde meine Neugier wach und ich fragte mich: Wie schafft man das? Was hat dieses Spiel so besonderes?
Was bietet sich da Näheres an, als es sich selbst einmal anzusehen? Hier meine Erfahrung, die ich gemacht habe: Es begrüßt einen ein kunterbuntes Spiel mit knuddeliger Grafik und genauso knuddeligen Soundeffekten. Das Spielprinzip ist sehr einfach zu verstehen und basiert auf dem "Connect 3" (bringe drei zusammen)-Prinzip, das es schon vor 30 Jahren auf dem C64 als Spiel gab. Wenn man mehr als 3
Bringt man es dann noch fertig, ein besonderes Bonbon mit einem anderen besonderen Bonbon zu kombinieren (dafür reichen dann 2 Bonbons, die man einfach aufeinanderzieht), dann gibt es ein wahres Feuerwerk an Sound und Grafik und es werden gleich 3 Reihen auf einmal getilgt, oder ein 4x4 Feld oder gar alle Bonbons auf dem Spielfeld. Dieses Feuerwerk signalisiert unserem Gehirn wieder: "Das hast du super gemacht". Auch wenn uns das vielleicht nicht bewusst wird, so empfinden wir das zumindestens unterbewusst als Belohnung und das bringt Spaß. Wenn in einem Spielzug besonders viel kombiniert wurde und viele Punkte gemacht wurden, dann bekommt man als Belohnung eine tiefe, männliche, bestätigenden Stimme zu hören.
Warum ich das Spiel hier auf eine so psychologische Art und Weise betrachte? Weil ich glaube, dass das den Erfolg des Spieles ausmacht. Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier bewusst ein paar Psychologen mit ins Boot gebracht wurden, um das Spiel möglichst effektiv darauf zu trimmen, Spielspaß zu vermitteln (böse Zunge würden behaupten: süchtig zu machen) und Bonus-Items zu verkaufen.
Die ersten Levels sind total easy und nur dafür da, die Grundzüge des Spieles kennenzulernen. Sie alle haben nur 4 Bonbonfarben (je weniger Farben, desto einfacher lässt sich kombinieren) von den 6 möglichen und keine Gemeinheiten. Um es nicht auf Dauer zu langweilig zu machen, erhöht sich der Schwierigkeitsgrad. Dann tauchen die ersten Gemeinheiten auf, wovon es im weiteren Verlauf des Spielen immer mehr und fiesere gibt: Schokolade, die Bonbons (auch besondere) frisst und sich verbreitet wie die Pest, aber zerstörbar ist, indem man direkt daneben etwas kombiniert, oder sie mit besonderen Bonbon-Kombinationen abschießt. Oder unzerstörbare Schokoladenbrunnen, die immer wieder aufs Neue die Schoko-Pest starten. Oder Tornados, die Bonbons zerstören und Felder blockieren.
Es dauert auch nicht lange, und man wird in die Welt der Bonus-Items eingeführt: man bekommt ein paar, wie z. B. den Lutscherhammer geschenkt und darf ihn gleich ausprobieren: man kann damit ein beliebiges Bonbon vom Spielfeld entfernen - ohne dass es einen der wertvollen Spielzüge kosten würde. Denn wenn keine Spielzüge mehr da sind und das Ziel nicht erreicht, ist das Spiel und ein Leben verloren. Die Leben sind übrigens ein weiterer, beschränkter Faktor, denn wenn man seine 5 Leben aufgebraucht hat, muss man warten, bis sie sich langsam regenerieren. Oder man kauft sich welche. Mit Goldbarren. Von denen man zu Anfang ein paar geschenkt bekommt, denn schließlich soll man auch den Umgang damit kennenlernen. Und später gegen harte Euros kauft. Und das nicht zu Bonbon-Preisen, sondern hier kann man richtig Geld (wohlgemerkt echtes) lassen. Zu kaufen gibt es allerlei: Spielverlängerungen, bei denen man einfach weiterspielen kann, obwohl man es eigentlich nicht geschafft hat; spezielle Bonbons zum Start, die dann auf dem Spielfeld verteilt werden; Extra-Minuten für zeitbasierte Level; die bereits erwähnten Lutscherhämmer und vieles mehr.
Jetzt könnte man sich natürlich sagen: "Dann kauf ich das Zeug halt nicht und spiel das nur kostenlos". So wie ich das gemacht habe. Aber dann merkt man, dass es schon ziemlich schnell - so ab Level 20 bis 25 zäh wird. Und dass es nur allzuoft darauf ankommt, ob man nur unglaublich viel Dusel hat, weil die Bonbons so glücklich gefallen sind. Die Momente, in denen man sich sagt: "Shit. Jetzt fehlt mir nur noch dieses eine Gelee-Stück, das ich zerstöre müsste. Ich habe aber nur noch 2 Züge und keine entsprechende Kombinationsmöglichkeit mehr. Ein Lutscherhammer wäre jetzt genau das richtige. Jetzt habe ich diesen Level schon 20 mal probiert und soweit, dass nur ein Gelee übrig geblieben ist, war ich noch nie. Kauf ich mir jetzt einfach einen, um es hinter mich zu bringen?" Da werden viele schwach und geben mal eben 80 Cent oder so aus. Für mich persönlich kommt das gar nicht in die Tüte, und ich habe mir seit Anfang an gesagt: "Ich kaufe nichts. Dann ist zwar alles schwieriger. Aber das sehe ich als Herausforderung!"
Wie sich das Geschäftmodell Freemium erklärt? Wer könnte das besser als Southpark (Staffel 18 Episode 6 - Freemium isn't free)? Es ist schon auffallend, wie manches Level scheinbar extra für einen speziellen kaufbaren Bonus designt ist. Bei dem einen würde der Kauf von Diesem schnell weiterführen, bei dem anderen Level der Kauf von Jenem. Ich will ja jetzt nicht behaupten, dass da wieder ausgebildete Verkaufs-Psychologen am Werk waren, aber das Gefühl beschleicht mich schon.
Im Grunde ist das Spiel wohl doch designt, um damit Geld zu scheffeln und nicht, um Dinge zu verschenken und Leute glücklich zu machen. Wer hätte das gedacht? Aber das sich dermaßen viel Umsatz und Gewinn machen lässt.. alle Achtung. Wobei im 1. Quartal 2014 von 641 Mio. US$ Umsatz "nur" ein Gewinn in Höhe von 127 Mio. US$ hängengeblieben ist. Da frage ich mich doch: wo sind die restliche 514 Mio. geblieben? Die paar Server, Programmierer (und Psychologen?) können doch soviel nicht kosten...
Aber auch das Drum-Herum ist nicht ohne. Ich will jetzt nicht behaupten, dass ein sozialer Gruppenzwang ausgeübt wird, denn ich will kein Ärger mit den Anwälten von King (wer weiß wofür die 514 Mio US$ drauf gehen?), aber das Spiel ist auf Facebook durchsetzt von Elementen wie: "Lade deine Freunde ein", "Frage deine Freunde um Leben", "Schenke deinen Freunden Leben", "Spiele ein anderes King-Spiel und erhalte Extras", "Schau wie weit du und wie weit deine Freunde sind". Es ist sicher schon die eine oder andere Facebook-Freundschaft auseinandergegangen ob der zig Spieleanfragen, mit denen ein "Süchtiger" um sich schmeißt, um im Spiel schneller voranzukommen.
Ich spiele Candy Crush Saga schon eine ganze Weile und habe mich immer durchgebissen, aber Level 452 ist einfach nur noch eine Frechheit. Da soll man in einem mit Schokolade und Käfig überzogenem Spielfeld in 40 Zügen 80 gestreifte Bonbons explodieren lassen (siehe Screenshot rechts). Das heißt Pro Spielzug 2 gestreifte Bonbons erzeugen und triggern. Es gibt zwar nur 4 Bonbonfarben, aber man muss als erstes einmal die Schokolade beseitigen und Platz schaffen, was schon man 20-25 Züge im Normalfall in Anspruch nimmt. In den restlichen 15 Zügen müsste man dann 4 bis 5 mal folgendes schaffen: Fünferkombinationen schaffen, um Zuckerbomben zu erzeugen, um diese dann mit gestreiften Bonbons zu kombinieren, was alle Bonbons dieser Farbe zu gestreiften macht, die auch gleich getriggert werden, also so ca. 15 von den 80 abzieht. Und noch ein paar gestreiften Bonbons nebenher...
Das ist einfach nicht zu schaffen ohne Joker und extrem viel Glück oder ein paar mal Geld fürs Weiterspielen auszugeben. Nachdem ich in diesem Level jetzt alle meine Bonus-Items aufgebraucht habe und das weitere Spielen echt nur noch Frust statt Lust bringt, habe ich beschlossen, dem Spiel den Rücken zu kehren. Und wenn man dann erst einmal losgelassen hat, erkennt man auch: Im Grunde ist das Alles nur Zeitverschwendung...